Eine frauengerechte Liturgie in der römisch-katholischen Kirche

 

Gutachten der Arbeitsgruppe "Frau & Kirche",
des Katholischen Rates für Kirche und Gesellschaft
und der Union der Niederländischen Katholischen Frauenbewegung
für die niederländischen Bischöfe

September 1991

 


Originaltitel:

Een vrouwvriendelijke liturgie in de rooms-katholieke kerk.
Advies van de werkgroep Vrouw & Kerk,
de Katholieke Raad voor Kerk en Samenleving
en de Unie Nederlandse Katholieke Vrouwenbeweging
aan de Nederlandse Bischoppen

Übersetzung: U. Hatto v. Hatzfeld SDB

Zweite, verbesserte Auflage, Noviziat der Salesianer Don Boscos Jünkerath 1994
Ins HTML-Format gebracht 1998

Anmerkung: Außer den beiden vorstehenden Verweisen (und einer eindeutigen e-Mail-Adresse) sind alle Links in diesem Dokument interne Verweise, so daß es problemlos offline lesbar und alleine weitergegeben werden kann.

Status: Diese deutsche Übersetzung darf in unveränderter Form ohne weiteres verbreitet, jedoch nicht ohne Zustimmung der Autoren und des Übersetzer kommerziell verwertet werden. Sie ist auch als Druck erhältlich.


Inhalt

Abkürzungen

Vorwort zur deutschen Übersetzung

Vorwort

I Hintergrund des Berichtes

II Einleitung

III Liturgie

IV Symbole

Raum, Körpersymbolik, symbolische Gegenstände und Zeit

Raum

Körpersymbolik

Symbolische Gegenstände

Zeit

V Sprache

Exklusiver Sprachgebrauch

Inklusiver Sprachgebrauch

Gebete und der Gottesname

Lieder

Bibelübersetzung

Handreichung zur Vermeidung exklusiv männlichen Sprachgebrauchs

VI Rollenverteilung

Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen

Pastoralreferentinnen

Die Weihe

Der Ständige Diakonat

Priesterweihe

Anhang 1: Empfehlungen

Anhang 2: Lob der tüchtigen Frau

Anhang 3: Toward a Full and Equal Sharing

Anhang 4: Bibliographie

Antwort der Niederländischen Bischofskonferenz


Abkürzungen

AA Apostolicam Actuositatem siehe Anmerkung zu 6.6
AAS Acta Apostolicae Sedis siehe Anhang 4, A
BCCVK Bisschoppelijke Contact Commissie Vrouw en Kerk Bischöfliche Kontaktkommission Frau und Kirche,
siehe Vorwort
CIC Codex Iuris Canonici Kodex des kanonischen Rechts, das kirchliche Gesetzbuch
DH Denzinger/Hünermann: Enchiridion symbolorum [,] definitionum et declarationum de rebus fidei et morum / Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen siehe Anhang 4, A
G Gezangen voor Liturgie siehe 5.23
GS Gaudium et Spes siehe 2.3
KASKI Katholiek Sociaal-Kerkelijk Instituut siehe Anmerkung zu 2.5
KM KASKI-Bericht Metterdaad siehe Anmerkung zu 2.6
KRKS Katholieke Raad voor Kerk en Samenleving Katholischer Rat für Kirche und Gesellschaft
LG Lumen Gentium siehe 3.1 und 6.8
LPO
LPO
Landelijk Pastoraal Overleg - Pastorale Landessynode von 1986 bzw. (LPO) deren Schlußdokument siehe Anmerkung zu 1.4
MD Mulieris Dignitatem siehe 6.59
PT Pacem in Terris siehe 2.3
R Randstad-bundel (ein niederländisches Gesangbuch) siehe 5.22
SC Sacrosanctum Concilium siehe 2.1
UNKV Unie Nederlandse Katholieke Vrouwenbeweging Union der Niederländischen Katholischen Frauenbewegung
VQ Vicesimus Quintus siehe 2.4

Die Abkürzungen der biblischen Bücher sind die der Einheitsübersetzung.

Durch * gekennzeichnete Anmerkungen, Wörter in [..] sowie dieses Abkürzungsverzeichnis wurden vom Übersetzer zur Verdeutlichung hinzugefügt.

 


Vorwort zur deutschen Übersetzung

Der Bericht "Eine frauengerechte Liturgie in der röm.-kath. Kirche" wurde im September 1991 der Bischofskonferenz der Niederlande überreicht. Verschiedene Frauenverbände und die Arbeitsgruppe Frau & Kirche des Katholischen Rates für Kirche und Gesellschaft haben ihn gemeinsam erstellt. Es geht darin um Erfahrungen, die Frauen mit Liturgie machen; genauer gesagt, um ihre Erfahrungen mit nicht-frauengerechter Liturgie.

Diese Initiative möchte eine Entwicklung in Gang bringen hin zu einer Liturgie, in der sich Frauen und Männer angesprochen wissen und zu Hause fühlen. Die Pflege einer inklusiven Sprache ist dabei eine Voraussetzung; inklusive Sprache schließt Frauen wie Männer ein.

Zur Zeit wird in den Niederlanden in Pfarreien und Diözesen auf verschiedenen Ebenen mit diesem Bericht gearbeitet.

Wir freuen uns, daß Hatto v. Hatzfeld diesen Bericht für Deutschsprachige zugänglich gemacht hat. Durch seine Initiative wird es möglich, daß die Erfahrungen von niederländischen christlichen Frauen auch über sprachliche Grenzen hinweg weitergegeben werden.

Wir haben die Hoffnung, daß diese Erfahrungen auch in Deutschland genutzt werden, damit eine "inklusive Liturgie" mehr und mehr Wirklichkeit wird.

 

Arbeitsgruppe Frau & Kirche

Wil Blezer-van der Walle (Vorsitzende)

Ria klein Tank (ehem. Vorsitzende)


 Vorwort

Der Bericht "Eine frauengerechte Liturgie in der römisch-katholischen Kirche" ist entstanden in einem gemeinsamen Projekt der Union der Niederländischen Katholischen Frauenbewegung (Unie Nederlandse Katholieke Vrouwenbeweging, UNKV) und der Arbeitsgruppe "Frau & Kirche" des Katholischen Rates für Kirche und Gesellschaft (Katholieke Raad voor Kerk en Samenleving, KRKS). Die Empfehlungen der landesweiten Pastoraltagung (Landelijk Pastoraal Overleg) von 1986 veranlaßten die Bischöfliche Kontaktkommission Frau und Kirche (Bisschoppelijke Contact Commissie Vrouw en Kerk, BCCVK), mit ihren Gesprächspartnern über Nicht-Frauengerechtes in der Liturgie zu sprechen. UNKV und "Frau & Kirche" als die beiden Gesprächspartner beschlossen darauf, eine gemeinsame Kommission ins Leben zu rufen. Diese Kommission bereitete den Bericht vor, der von UNKV und KRKS/Arbeitsgruppe "Frau & Kirche" verabschiedet wurde.

Der Bericht beschränkt sich auf die Erfahrungen von Frauen mit Nicht-Frauengerechtem in der Liturgie. Das Ganze der Liturgie in der katholischen Tradition kommt als solches nicht zur Sprache. Dennoch skizziert der Bericht ein ziemlich vollständiges Bild der Einwände, die Frauen gegen eine männlich voreingenommene Liturgie haben. Die an die Bischofskonferenz gerichteten Empfehlungen wollen zu einer Amtsführung anregen, durch die die Liturgie für Frauen und Männer inklusiv [d.h. beide Gruppen einbeziehend] wird.

Die Niederländischen Bischöfe haben mit einem Schreiben des Kardinals Simonis auf den Bericht reagiert. Dieser Brief ist hier als letzter Anhang abgedruckt. Eine Reihe Empfehlungen wurde an die Bischöfliche Kommission für Liturgie, Liturgische Musik und Kirchliche Kunst weitergeleitet. Zugleich stellten die Bischöfe einige andere Teile des Berichts in Frage. Wir laden jeden ein, durch weiteres Durchdenken und Übersetzen des Berichts ihren Bedenken Rechnung zu tragen.

Dieser Bericht ist keine Endstation. Er ist ein Beginn. Es wird noch viel Mühe kosten, zu einer Liturgie zu gelangen, die Frauen und Männer einbezieht. Weitere Studien und Analysen sind nötig. Vorhandenes liturgisches Material muß angepaßt und neues geschaffen werden. Man wird Frauen zur Teilnahme an diesem Prozeß einladen müssen. Dies muß in einer Atmosphäre geschehen, in der sich Wachheit für die Gestaltung inklusiver Liturgie entwickeln kann.

Wir laden alle Institutionen, Organisationen und Personen, die Verantwortung für die Gestaltung der Liturgie tragen, herzlich ein, weiter an neuen, kreativen Formen einer Liturgie zu arbeiten, in der sich Frauen und Männer zu Hause fühlen.

Frau M. van den Muijsenbergh, Vorsitzende des KRKS

Frau J. Castenmiller, Vorsitzende der UNKV

Frau R. klein Tank, Vorsitzende von "Frau & Kirche"


 

I Hintergrund des Berichtes

1.1 Die Bischöfliche Kontaktkommission Frau und Kirche (BCCVK) hat ihre beiden Gesprächspartner, die Union der Niederländischen Katholischen Frauenbewegung (UNKV) und die Arbeitsgruppe "Frau & Kirche" des Katholischen Rates für Kirche und Gesellschaft (KRKS), um ein Gutachten zum Thema "Frau und Liturgie" gebeten.

1.2 Anlaß für diese Bitte war das Schlußdokument der Pastoralen Landessynode der Niederländischen Kirchenprovinz, 1986. Diese Synode (1986 in Noordwijkerhout) befaßte sich mit dem Thema Liturgie im Rahmen der Glaubensvertiefung in unserer Zeit. Konkret stellte sich die Frage: "Können heutige Gläubige in der jetzigen Liturgie ihren Glauben in einer solchen Weise feiern und erleben, daß sie in ihrem Glauben gestärkt werden, oder erfahren sie gerade einen Zwiespalt zwischen ihrem Selbstverständnis und Lebensgefühl als Gläubige einerseits und der Weise, in der dies in der Kirche feiernd und betend zum Ausdruck gebracht wird, andererseits" (Schlußdokument LPO-Sitzung (LPO), 1).

1.3 In ihrem Schlußdokument wies die Versammlung darauf hin, daß die tatsächliche und sichtbare Teilnahme von Frauen noch einige Aufmerksamkeit verlangt. "Bis jetzt war die - meist mehrheitlich von Frauen besuchte - Liturgie in Sprache und Symbolen durch einen hauptsächlich von Männern geprägten Stil gekennzeichnet" (LPO 3). Die Versammlung ersuchte die Bischofskonferenz unter anderem, bezüglich der Liturgie darauf hinzuwirken,

- daß Raum für ein verantwortliches Hinarbeiten auf die Entwicklung von zeitgemäßen Liturgieformen geschaffen wird;

- daß dabei der Gebrauch einer verständlichen, von Frauen und Männern verwendbaren Sprache angestrebt wird;

- daß nachdrücklich nach Symbolen und Riten gesucht wird, die Menschen unserer Zeit ansprechen;

- daß eine aktive Teilnahme von Männern und Frauen an der Liturgie, sowohl in der Vorbereitung als auch im Vollzug, gefördert wird (...)" (LPO 6).

1.4 In ihrer Reaktion auf das Schlußdokument des LPO erkennen die Bischöfe an, daß bestimmte Aspekte liturgischer Gestaltung insbesondere für Frauen Anlaß zu Fragen geben. Hierbei wird an den Sprachgebrauch, die Rollenverteilung in der Liturgie und die Symbolik des liturgischen Handelns gedacht. Es handele sich um eine komplexe Problematik, die nicht leicht zu lösen sei. Die Heilige Schrift, die einen so zentralen Platz in der Liturgie einnimmt, stamme aus einer anderen Kultur.

Texte, die für uns nicht-frauengerecht seien, erfordern darum in der liturgischen und katechetischen Ausbildung eine sorgfältige Behandlung und Erläuterung. Was die Texte der liturgischen Bücher und Gesangstexte angeht, so hält die Bischofsversammlung eine kritische Untersuchung für sehr angebracht, damit man berechtigten Forderungen von Frauen entgegenkommen könne.

1.5 Die Bischöfe haben daher die Bischöfliche Kontaktkommission Frau und Kirche (BCCVK) gebeten, die Erfahrungen niederländischer katholischer Frauen auf dem Gebiet der Liturgie sorgfältig anzuhören, damit die Bischöfe bei ihren Entscheidungen diese Erfahrungen berücksichtigen können (Reaktion der niederländischen Bischöfe auf das Schlußdokument LPO 1986).

Die UNKV und die Arbeitsgruppe "Frau & Kirche" des KRKS haben sodann auf die Anfrage der BCCVK hin gemeinsam eine Kommission ins Leben gerufen. Diese Kommission hat den hier vorliegenden Bericht in enger Zusammenarbeit mit den Leitungsorganen der der UNKV angeschlossenen Frauenorganisationen und der genannten Arbeitsgruppe erstellt. Sie hat sich dabei auf die Liturgie, wie sie in der niederländischen Durchschnittspfarrei üblich ist, beschränkt. Schwarze Frauen oder Frauen aus Flüchtlingsgruppen waren in der Kommission nicht vertreten; daher sind Erfahrungen dieser Frauen auch nur wenig verarbeitet.

1.7 Die Kommission hat ihre Aufgabe als begrenzt aufgefaßt: Sie befaßt sich mit der Gestaltung der Liturgie durch Symbolik, Sprache und Rollenverteilung, insoweit sie frauengerechter werden könnte.

1.8 Die Kommission bestand aus folgenden Personen:

Schw. Teresini Metternich (Vorsitzende), Frau Cobi van Breukelen,
Schw. Esther Geertsma, Schw. Christini Manders,
Frau Annemarie Brugman-van Dranen und Schw. Margret Dekker.
Die Schriftführung hatte die Studiensekretärin der Arbeitsgruppe "Frau & Kirche" des KRKS, Frau Diana Vernooij.

1.9 Als fachliche Berater wurden herangezogen:

Frau Donne Schmaal, Frau Maria ter Steeg, Frau Gemma Mertens,
Frau Prof. Dr. Catharina Halkes, Frau Nelleke Wijngaards-Serrarens,
Herr Carl L.M. Grasveld, Herr Prof. Dr. Herman Wegman, Herr Dr. Jan Hulshof,
Herr Dr. Ton Meijers.


II Einleitung

2.1 In der Konstitution über die heilige Liturgie schreibt das Zweite Vatikanische Konzil: "Das Heilige Konzil hat sich zum Ziel gesetzt, das christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen, die dem Wechsel unterworfenen Einrichtungen den Notwendigkeiten unseres Zeitalters besser anzupassen, zu fördern, was immer zur Einheit aller, die an Christus glauben, beitragen kann, und zu stärken, was immer helfen kann, alle in den Schoß der Kirche zu rufen. Darum hält es das Konzil auch in besonderer Weise für seine Aufgabe, sich um Erneuerung und Pflege der Liturgie zu sorgen" (Sacrosanctum Concilium (SC) 1).

2.2 Im Ganzen der Konstitution über die heilige Liturgie klingt das Verlangen durch, die Liturgie so anzupassen und zu verändern, daß es allen Gläubigen möglich wird, sie mitzufeiern und zu verstehen, und "Texte und Riten so geordnet werden, daß sie das Heilige, dem sie als Zeichen dienen, deutlicher zum Ausdruck bringen, und so, daß das christliche Volk sie möglichst leicht erfassen und in voller, tätiger und gemeinschaftlicher Teilnahme mitfeiern kann" (SC 21).

2.3 In der Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute, Gaudium et Spes, wird die Sorge für die Aktualisierung der Liturgie und des ganzen kirchlichen Lebens umschrieben als der Auftrag, "die Zeichen der Zeit zu erforschen und im Licht des Evangeliums zu deuten" (GS 4). Zu den Zeichen der Zeit zählt Papst Johannes XXIII. die veränderte Rolle der Frau in der Gesellschaft, nämlich die allgemein bekannte Tatsache, daß "sich die Frauen am Gemeinwesen beteiligen. ... Da sich die Frauen nämlich täglich mehr ihrer menschlichen Würde bewußt werden, erdulden sie es so wenig, für eine unbeseelte Sache oder für ein Werkzeug gehalten zu werden, daß sie vielmehr sowohl innerhalb der häuslichen Wände als auch im Staate Rechte und Pflichten einfordern, die der menschlichen Person würdig sind" (Pacem in Terris (PT) 41).

2.4 Diese Sorge für die Aktualisierung der Liturgie wird auch im Apostolischen Schreiben Vicesimus Quintus Johannes' Pauls II. aus Anlaß des 25. Jahrestags der feierlichen Verkündung der Konstitution über die heilige Liturgie (VQ) ausgesprochen. Er nennt diese Konstitution die erste Frucht der Erneuerung (aggiornamento) der Kirche: "Träger der Hoffnung für das Leben und die Erneuerung der Kirche" (VQ 1). Der Erneuerungsprozeß wird bestimmt durch das konziliare Grundprinzip der "Treue gegenüber der Tradition und (der) Öffnung für einen legitimen Fortschritt" (VQ 4) [* Vgl. SC 23]. Papst Johannes Paul II. setzt sein Schreiben fort: "Die Bemühungen um die liturgische Erneuerung müssen... auf die Erfordernisse unserer Zeit Antwort geben. Die Liturgie ist nicht losgelöst von Raum und Zeit. Während dieser fünfundzwanzig Jahre haben sich neue Probleme gestellt oder haben eine neue Bedeutung gewonnen..." (VQ 17).

2.5 Sowohl die offiziellen kirchlichen Dokumente der letzten 25 Jahre als auch Dokumente, die durch die gläubige Teilnahme von Frauen und Männern am liturgischen Leben entstanden (u.a. das Schlußdokument des LPO) betonen den Auftrag, die Liturgie so zu gestalten, daß alle Gläubigen, sowohl Frauen als auch Männer, an der Liturgie teilhaben und daß sie in ihr die Wirklichkeit, in der sie leben, wiederfinden. Das bringt mit sich, daß mit größerer Achtung auf Erfahrungen von Frauen bei ihrer Teilnahme an der Liturgie gehört wird.

2.6 Die (aktive) Teilnahme von Laien in unserer Glaubensgemeinschaft nimmt ständig zu. Dies ist erfreulich. Der KASKI-Bericht Metterdaad gibt ein Wachstum von 44% an (KM 6.1). Dieser Bericht unterscheidet drei Kategorien von ehrenamtlichen Mitarbeitern nach ihrer überwiegenden Tätigkeit in sogenannten Aktions-, Projekt- oder Leitungsfunktionen. Von aller ehrenamtlichen Arbeit wird fast 60% von Frauen geleistet. Bei den Leitungsfunktionen sind Frauen stark untervertreten. Der Großteil der Aktions- und Projektfunktionen wird von Frauen erfüllt. Besonders die Überzahl der Frauen in den [mehr inhaltlich ausgerichteten] Projektfunktionen weist darauf hin, daß Frauen - neben ihrer Dienstbereitschaft bei den ausführenden Funktionen in der Pfarrei - einen Weg zu mehr inhaltlichen Tätigkeiten gefunden haben, bei denen Glaubensvertiefung und Selbstentfaltung eine Rolle spielen (vgl. KM 6.3).

2.7 Durch ihre Teilnahme an Vorbereitung und Durchführung der Liturgie haben viele Frauen positive Erfahrungen gemacht. Aktiv in die Liturgie einbezogen zu sein wirkt glaubensvertiefend und bereichernd. Im Licht des Evangeliums entdecken Frauen ihren eigenen Wert, gewinnen Selbstachtung. Diese Bewußtseinsbildung macht Frauen mündig; sie wollen Mitverantwortung für den Ausdruck des Glaubenslebens in der Gemeinschaft tragen.

2.8 Aber diese positive Entwicklung hat auch eine Anzahl Probleme aufgedeckt. Viele Frauen erfahren es als sehr schmerzlich, daß Symbolik, Sprache und Rollenverteilung eine Wirklichkeit widerspiegeln, in der sie ihre eigene Wirklichkeit nicht oder nur teilweise wiederfinden. Nicht alle Frauen erfahren die Liturgie als nicht-frauengerecht; jedoch steigt die Zahl der Frauen, die sich schmerzlich betroffen fühlen.

2.9 Die Erneuerung der Liturgie, d.h. die Feier in der Landessprache, ist eine große Leistung gewesen. Diese umfangreiche Arbeit wurde aber vor allem von Männern geleistet. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß vor allem männliche Sprech- und Denkweisen, männliches Dichten und Übersetzen in Texten und Symbolik wiederzufinden sind. Der Bezugsrahmen von Frauen bleibt im liturgischen Sprechen unsichtbar. Lebenserfahrungen und Glaubensleben von Frauen haben darin keinen Platz erhalten, ebensowenig wie die Werte, die Frauen meistens verkörpern.

2.10 Gerade weil in Gebet, Lied, Handeln und Verkündigen das Wort des Gottes Jesu Christi gegenwärtig und weitergegeben wird, sind Sprache, Rollenverteilung und Symbolik in der Liturgie von größter Bedeutung. Wenn liturgische Sprache, Rollenverteilung und Symbolik einen Teil der Glaubensgemeinschaft ausschließen, steht dies im Widerspruch zu dem, was Liturgie sein will: das feiernde Verweisen auf das Gegenwärtigsetzen des Reiches Gottes, in dem es "nicht mehr Juden und Heiden, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau (männlich und weiblich)" gibt (Gal 3,28).


III Liturgie

3.1 Wenn die Kirche sich selbst theologisch als eine 'Gemeinschaft' versteht, dann bedeutet dies, daß Christen mit Gott und untereinander durch Jesus Christus in der Kraft des Heiligen Geistes verbunden sind. "Es ist also in Christus und in der Kirche keine Ungleichheit aufgrund von Rasse und Volkszugehörigkeit, sozialer Stellung oder Geschlecht" (Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen Gentium (LG) 32). Damit wird an die grundlegende Gleichheit und Verbundenheit aller Getauften erinnert. Das Selbstverständnis der Kirche als Gemeinschaft in Christus durch den Geist bringt Konsequenzen für den Gebrauch von Sprache und Symbolen und für die Rollenverteilung in der Liturgie mit sich.

3.2 Wenn die grundlegende Gleichheit so zum Kern des Kirche-Seins gehört, dann ist es wichtig, daß die grundlegende Gleichheit von Frauen und Männern auch 'selbstverständlich' in der Liturgie zum Ausdruck kommt. Diese grundlegende Gleichheit von Frauen und Männern bedeutet nicht ein vollständiges Zusammenfallen von Identitäten, sondern bezieht sich auf den Auftrag, der allen Getauften gegeben ist.

3.3 In unserer Glaubensgemeinschaft ist Liturgie Ausdruck und Feier des Heilsmysteriums, in das wir gestellt sind. Es ist ein Übersteigen unserer Bedürfnisse auf das hin, was uns gemeinsam zusammenbringt: die Begegnung zwischen menschlichem und göttlichem Handeln in unserer Geschichte, namentlich in Leben, Tod und Auferstehung Jesu Christi. Es ist die Feier unseres Lebens in der Perspektive von Schöpfung und Erlösung, Auferstehung und Reich Gottes. Schöpfung und Erlösung, Auferstehung und Reich Gottes sind Wirklichkeiten, die die menschliche Lebenswelt übersteigen, dabei aber immer wieder in menschlicher Sprache, in menschlichen Formen ausgedrückt werden müssen. Sprache, Rollenverteilung und Symbolik können darum das Mysterium des lebenden Gottes nie vollständig begreiflich machen und angemessen zum Ausdruck bringen.

3.4 Die Weise, in der wir unser Leben im Heilsplan Gottes feiern, wird immer unter einer kritischen Spannung stehen. Einerseits werden die Ausdrucksformen in der Liturgie ständig an die sich ändernden Umstände angepaßt werden müssen, wenn sie auch weiterhin etwas aussagen sollen; andererseits müssen die Heilsmomente unversehrt zum Ausdruck gebracht werden.

3.5 In den letzten 25 Jahren hat sich viel verändert. In der Gesellschaft hat sich die Stellung der Frau sehr gewandelt. Durch eine veränderte Familienstruktur, andere Auffassungen über Ehe und Familie, das höhere Bildungsniveau und die Verschiebung der traditionellen Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern erfahren Frauen und Männer ihr Leben anders als noch vor einigen Jahrzehnten. Dies gilt besonders für die Frauen. Sie haben in großer Zahl begonnen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

3.6 Frauen haben begonnen, die neuen Erfahrungen in ihrem veränderten Dasein zu benennen: sowohl die positiven Erfahrungen der Entdeckung ihres eigenen Wertes als auch die Erfahrungen, ausgeschlossen zu werden und sich abgelehnt zu fühlen. Diese Wirklichkeiten wollen Frauen auch in der Liturgie zur Sprache bringen. Liturgie, die Erfahrung aufnimmt und transzendiert, muß soweit offen sein, daß die Anwesenden sich angesprochen und angenommen fühlen. Es ist Gottes Ehre, wenn der Mensch wirklich zum Leben kommt. Liturgie kann Menschen zum Leben rufen, Gottes Güte kann den gekrümmten Menschen, Frau und Mann, wieder aufrichten (vgl. Lk 13,10-17).


IV Symbole

4.1 Im Leben von Menschen, und besonders im religiösen Leben, spielen Rituale eine große Rolle. Rituale bestehen aus Symbolen, (Symbol)handlungen und (Symbol)sprache. Das Symbol ist weder ein rein objektives Zeichen noch eine rein subjektive Äußerung: im Symbol geben Menschen ihrer Erfahrung von Wirklichkeit Ausdruck, und zugleich manifestiert sich die Wirklichkeit als Wirklichkeit-für-Menschen: [für] Frauen und Männer. Wo Menschen das Heilige und Göttliche erfahren haben, wollen sie diese Erfahrung vergegenwärtigen und einander mitteilen. Symbole haben daher einen hervorrufenden [evokativen] Charakter. In der Symbolik und durch sie werden die Erfahrung mit Gott und seine Gegenwart lebendig. Das religiöse Symbol aktiviert die Erinnerung. Die Erinnerung an Jesu Leben, Leiden, Tod und Auferstehung macht Christen solidarisch mit allen Menschen, die unter Strukturen leiden, die sie daran hindern, Bild Gottes zu sein, die sie daran hindern, auf den Anruf unseres Gottes in Freiheit mit "ja, ich will" zu antworten.

4.2 In Kapitel V dieses Berichtes wird der sprachlichen Aspekt ausführlich behandelt. Darum soll hier eine kurze Andeutung über den Unterschied zwischen pragmatischer Sprache und Symbolsprache genügen. In unserem gewöhnlichen Sprachgebrauch wird Sprache verwendet als Verweis auf die konkrete Wirklichkeit. Je eindeutiger die Ausdrücke sind, desto angemessener erfüllen sie ihre Funktion: Sie helfen uns, die Wirklichkeit zu definieren und zu bestimmen. Symbolsprache dagegen verwendet man nicht in erster Linie, um zu wissen und zu beherrschen. Sie wird mit Betroffenheit und Emotion gebraucht. Symbolische Worte "enthüllen und offenbaren eine tiefere Wirklichkeit. Sie grenzen nicht ab, sondern erschließen. Symbolsprache verschiebt stets Grenzen". In diesem Sinn können Dinge, Aktionen und Sprache nur dann Grenzen verschieben, wenn sie eine neue Dimension im menschlichen Dasein hervortreten lassen.

4.3 Für religiöse Erfahrung sind drei Komponenten von wesentlicher Bedeutung: eine Auseinandersetzung mit der religiösen Wirklichkeit, das Vorhandensein von Wörtern und Symbolen sowie die sozialen und psychischen Voraussetzungen, unter denen Menschen denken, fühlen und handeln. Mit anderen Worten: Gott offenbart sich gegenüber Menschen; Menschen empfangen diese Offenbarung in Worten und Symbolen, die sie hier und jetzt von ihrem konkreten Menschsein aus interpretieren. Fehlt eine dieser drei konstitutiven Komponenten, dann ist Kommunikation mit der tieferen Dimension des Menschseins unmöglich. Dies bedeutet, daß ein Kurzschluß zwischen Symbolik und dem Bezugsrahmen von Frauen und Männern dazu führt, daß die Botschaft nicht mehr empfangen wird.

4.4 In der Geschichte ist deutlich, daß Symbolik und Wirklichkeit, christliche Bedeutungsgebung und Erfahrung miteinander in ständiger Wechselwirkung stehen. Sie rufen sich gegenseitig hervor und beeinflussen sich gegenseitig. In den fast zwanzig Jahrhunderten, die hinter uns liegen, war daher - in der Kirchengeschichte - nichts so sehr Veränderungen unterworfen wie gerade die Gestaltung des liturgischen Lebens.

4.5 Dies wird deutlich, wenn man die Liturgie der ersten Christen in ihren Hausgemeinden mit der mittelalterlichen Liturgie in Basiliken und Kathedralen vergleicht. Unterschiede im religiösen Ausdruck werden auch sichtbar, wenn man sich stark unterscheidende Völker betrachtet. Jedoch bestimmen nicht allein zeitliche oder kulturelle Unterschiede die Erfahrung der (religiösen) Wirklichkeit; auch Unterschiede in der [gesellschaftlichen] Position spielen eine wichtige Rolle.

4.6 In unserer westlichen Kultur ist in den vergangenen fünf bis sechs Jahrhunderten in zunehmendem Maße eine Zweiteilung zwischen Privatem und Öffentlichem entstanden. Frauen bewegen sich vorwiegend im privaten Raum, Männer im öffentlichen. Daß diese Zweiteilung weitgehende Folgen für die soziale und psychische Verfaßtheit hat, wird jetzt deutlich, wo Frauen beginnen, sich auszusprechen. Im Sprechen entdecken Frauen ihre gemeinsamen Erfahrungen, finden sie Worte für ihre religiöse Erfahrung, die gefeiert und symbolisiert werden will. Liturgie ist dann erlösend, wenn Menschen Gott als nahe erfahren, als sie betreffend, und wenn sie sich in der Liturgie als Bild Gottes entdecken.

4.7 Jesus Christus, die endgültige Offenbarung Gottes und der Mittelpunkt der Schöpfung (Kol 1,15), ist die Fülle aller religiösen Symbolik. Er ist das Bild (eikon: Kol 1,15; Hebr 1,3) des lebenden Gottes. In ihm wird menschliche Existenz zum Symbol für den nicht anonymen Gott. In seiner Treue bis in den Tod ist er Bild Gottes.

4.8 Wenn die Kirche Leib Jesu Christi ist, wenn Liturgie Gedenken des Leidens, des Todes und der Auferstehung Jesu Christi ist, wenn das gemeinsame Feiern im Namen Jesu Christi Auferstehungsfeier ist, dann sind gerade dies Orte, an denen die Erfahrungen von Frauen - neben und mit denen von Männern - zur Sprache kommen, symbolisiert und gefeiert werden müssen.

4.9 Erste Anforderung für eine funktionierende Symbolik ist ihre Wahrhaftigkeit. Die Sorge der Kirche bezieht sich auf traditionelle, gegenständliche Zeichen und die Gültigkeit von Sakramenten. Wenn die liturgische Tradition lebendig bleiben will, dann wird das Band zwischen religiösen Zeichen und der Kontinuität im Glauben bewahrt und gegebenenfalls wiederhergestellt werden müssen. Das Fehlen dieser Kontinuität führt notwendigerweise zu Erstarrung und Unglaubwürdigkeit. Die Kontinuität im Glauben ist die rechtmäßige Quelle, von der aus nach einer angemessenen Gestaltung gesucht werden kann. Andererseits ist es auch möglich, daß durch ein Wiederaufnehmen traditioneller religiöser Symbole die Glaubensquelle selbst neu erschlossen werden kann.

4.10 Die Wahrhaftigkeit liturgischer Symbolik verlangt, daß Zulässigkeitsbestimmungen nicht der Ausgangspunkt sein dürfen. Dieselbe Wahrhaftigkeit gebietet auch, daß die sakramentale Symbolik anschaulich bleiben muß, da sie sonst notwendig ihren Symbolcharakter verliert. Es genügt nicht, bloß mit Worten zu unterstreichen, daß es um etwas anderes und daß es um mehr geht; denn das wäre eine Verletzung der gesamten Symbolik.

4.11 Manche Symbole und Riten in der Liturgie wurden im Laufe der Zeit 'ausgehöhlt'. Sie passen nicht mehr in das wirkliche Leben der Menschen von heute oder sprechen eine Symbolsprache, die nicht mehr verstanden wird. Der Priester, der die Messe mit dem Rücken zum Volk las, drückt eine Auffassung und ein Erleben von Priestertum aus, wie es in unserer Zeit kaum mehr verständlich ist. Wendet er sich zum Volk, so zeigt der Priester, daß es die Gemeinde ist, die die Liturgie feiert. Dies stimmt mit der Veränderung in Auffassung und Erleben von Rollen in der Liturgie überein.

4.12 Im Allgemeinen plädiert dieser Bericht für eine liturgische Gestaltung, die sich dem Glaubensleben der Gemeinschaft und den realen Erfahrungen von Frauen und Männern anschließt. Er plädiert für einen Ort, an dem sie zusammen kreativ sein und Verantwortung tragen können. Er plädiert für einen Raum, in dem Mädchen und Jungen, Frauen und Männer gemeinsam Gottesdienste vorbereiten und auswerten, an denen man mit Respekt für die Erfahrungen anderer und mit Achtung vor der Tradition teilnimmt. Die Erneuerung der äußeren Gestaltung wirkt auf diese Weise an der Erneuerung des individuellen und gemeinschaftlichen Glaubenslebens mit.

4.13 Erneuerung der Symbolik wird zum großen Teil über den Weg des gläubig-kritischen Durchdenkens und verantworteter Experimente zustande kommen. Hierfür ist prophetischer Mut nötig.

4.14 Erneuerung der Symbolik umfaßt neben einer Reform der Sprache die der Gegenstände (i.w.S.) und der Gesten. Die verschiedenen Aspekte liturgischer Symbole sind wie folgt einzuordnen:

Anmerkung: Einige Aspekte liturgischer Symbolik bleiben hier unberücksichtigt, z.B.: Zahl, Tiersymbolik, Buchstaben. Es sei hierzu auf ein liturgisches Wörterbuch verwiesen. 

- Raum, z.B.: Kirchengebäude und räumliche Ausrichtung;

- Körpersymbolik, z.B.: Akklamation, Gebärde, Gesang, Handauflegung, Knien, Mahl, Sehen, Sitzen, Stehen, Tanz, Verbeugung;

- Gegenstände, z.B.: Asche, Bild, Blumen und Pflanzen, Brot, Erde, Farben, Feuer, Kelch, Kleidung, Licht, Öle, Salböl, Schale, Stoffe, Wasser, Wein;

- Zeit, z.B.: Tag, Fest, Kirchenjahr.

Raum

4.15 Die meisten Kirchen wurden vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil errichtet. In ihrer Gestaltung drücken sie das Mysterium Gottes aus und sind gebaut, um in einer bestimmten liturgischen Form Gott Ehre zu erweisen.

4.16 Vom Zweiten Vatikanischen Konzil wird die Kirche als das Herz der Welt gesehen, als Kirche, in der die Glaubensgemeinschaft zusammenkommt [* vgl. etwa LG 1;2]. Die erneuerte Liturgie müßte auf organische Weise die vielen Formen menschlichen Daseins in sich aufnehmen können. Das herkömmliche Kirchengebäude ist darauf nicht abgestimmt: Es ist hoch, eckig und langgestreckt. Die Kirchenbänke sind fest montiert und unbequem, man sitzt hintereinander und sieht in eine Richtung, ohne gegenseitigen Blickkontakt. Viele Bänke sind leer; die Gläubigen sitzen verstreut in der Kirche. Der fühlbare Abstand zum Altar wird dadurch noch größer. Häufig ist das Gebäude dunkel und nüchtern. In vielen Kirchengebäuden ist der Altar schwer, massiv und unverrückbar, was ein statisches Raumgefühl erzeugt. Dies alles trägt wenig zum Erleben von Gemeinschaft bei.

4.17 Ein Raum, in dem Menschen miteinander feiern und in dem das Gemeinschaftselement zum Ausdruck kommt, müßte Offenheit ausstrahlen. Gottesdienste müßten beweglich, farbig und leicht sein können.

Beim gemeinsamen Mahlhalten, bei der Aufnahme von Menschen in die Gemeinschaft (Taufe), beim Schuldbekenntnis voreinander und vor Gott müßten die Feiernden sich in einem Kreis versammeln können. Die Gestaltung drückt dann aus, was inhaltlich geschieht. Gottesdienstfeier im Kreis oder im Halbkreis ist oft möglich, ohne daß dafür große Investitionen getätigt werden müssen.

4.18 Frauen und Männer, die etwas aus dem Leben einbringen wollen - Verbundenheit, Unsicherheit, Zorn, Freude, persönliche Lebensgeschichte, durch Gesang, Tanz oder Schauspiel -, haben es in den meisten heutigen Kirchengebäuden schwer. Diese Ausdrucksformen erfordern einen fließenden Übergang zwischen drinnen und draußen.

4.19 Beim Einrichten eines Kirchengebäudes können Sachkundige als Berater oder Beraterinnen herangezogen werden, damit möglichst viele unterschiedliche Lebenserfahrungen bei der Gestaltung des Gebäudes einbezogen werden können.

4.20 Wir bitten die Bischöfe, Sorge zu tragen, daß die Kirchengebäude und ihre Inneneinrichtung auf das gemeinschaftliche Erleben der Gottesdienste abgestimmt werden, wobei zu den Möglichkeiten auch die Flexibilität in der Anordnung der Teilnehmer und die Umstellbarkeit der Gebrauchsgegenstände gehören sollen. Kreisbildung sollte möglich sein.

4.21 Wir bitten die Bischöfe, Sorge zu tragen, daß Frauen als sachkundige Berater bei der Einrichtung von Kirchengebäuden nach Can. 1216 des kirchlichen Gesetzbuches (CIC) herangezogen werden.

4.22 Wir bitten die Bischöfe, Sorge zu tragen, daß die Diözesankommissionen für Liturgie und sakrale Kunst aus Frauen und Männern mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen zusammengestellt werden.

4.23 Wir bitten die Bischöfe anzuregen, daß während der Gottesdienste allen, die darin eine besondere Aufgabe haben, Gelegenheit geboten wird, sich um den Altar zu versammeln, damit sich Frauen und Männer in der Weise, in der die Gemeinschaft vertreten wird, wiederfinden können.

 

Körpersymbolik

4.24 Liturgische Körpersymbolik gibt es dank der Erfahrung von Bedeutung, die bestimmte Gesten tragen. Stehen, Verbeugen, Knien, Umarmen usw. sind körperlicher Ausdruck des Glaubens. Der Friedenskuß, ein Kuß auf beide Wangen, war schon in den ersten christlichen Gemeinden Brauch. Später wurde er zu einer Umarmung stilisiert, bei der man den Kopf seitlich des Kopfes des Gegenüber beugt. Die Einführung des Friedensgrußes in der Kirche, die Freude, aber vor allem auch die Verwirrung, die er hervorruft, zeigen, daß die Körpersprache Menschen direkt berührt und daher mit großer Sorgfalt angegangen werden muß.

4.25 Wie Körpersymbolik erlebt wird, ist mit von den Erfahrungen abhängig, die die Betroffenen zuvor mit Körperkontakt gemacht haben. Körpererfahrungen von Frauen, die nicht befreiend waren (unerwünschte Intimitäten, sexuelle Gewalt, Inzest) färben die Weise, in der sie Körpersprache erleben. Untersuchungen der letzten Jahre haben enthüllt, daß die Zahl der Frauen mit derartigen Erfahrungen groß bis sehr groß ist. Es ist daher wichtig, jeden Schein von aufgezwungener Intimität in der Körpersymbolik zu vermeiden.

4.26 Die gesellschaftliche Position bestimmt, welche Körpersymbolik Menschen zur Wahrhaftigkeit bringt. Für Menschen, die aktiv eingreifend im öffentlichen Leben stehen, ist es von Bedeutung, sich ihrer Dienstbereitschaft und Demut zu erinnern. Menschen, die unselbständig im Leben stehen oder die sich nur unvollkommen entfalten konnten (durch welche Umstände auch immer), müßten zu Wachstum und Verantwortlichkeit angespornt werden.

4.27 Knien und Verneigung sind Haltungen, die Demut vor Gott ausdrücken. Von manchen Menschen (arme und/oder farbige Frauen und Männer) werden diese Haltungen direkt in einem sozialen Kontext von Unterdrückung oder Minderwertigkeit erlebt. Ihnen können diese Haltungen nur durch äußere Information als 'liturgisch' dargestellt werden. Für diese Frauen und Männer kann Gottes Größe auch im Aufrecht-Gehen und -Stehen sichtbar werden - so wie Gottes Größe und Liebe im Aufrichten der gekrümmten Frau sichtbar wurde [* vgl. 3.6 (Lk 13,10-17)]. Nur wer aufrecht steht und geht, kann auch aufrichtig knien.

4.28 Durch ihren Eintritt ins öffentliche Leben und dadurch, daß sie ihre Rechte und Pflichten als menschliche Person einfordern, haben Frauen Bedürfnis nach symbolischen Handlungen, die diesen Eintritt bestätigen. Gehen und Stehen sind Handlungen, die bei diesem Bedürfnis anschließen. Auch das Öffnen und Erheben der Hände als Zeichen des Empfangs von Heil, von Rechten und Pflichten, schließt hier an.

4.29 In der leeren Kirche herumzulaufen, allein oder mit anderen Frauen, und dabei zu singen und zu hören, wie die Worte fallen, ist als Einübung von Körpersymbolik eine Form der Vorbereitung, die über den Gebrauch der eigenen Möglichkeiten, Talente und Fähigkeiten Kenntnis verschafft.

4.30 Bei Gottesdiensten in Kleingruppen wird vielfältiger Gebrauch gemacht von der Kreisbildung, vom Festhalten an den Händen und vom Teilen und Weitergeben symbolischer Gegenstände. Das Brechen und Weitergeben verschiedener symbolischer Gegenstände, die zur Thematik der Feier passen, ist eine Bestärkung der Gemeinschaft und der Solidarität zwischen den Anwesenden im Geiste Christi, der uns in eine Perspektive der Hoffnung stellt.

 

Symbolische Gegenstände

4.31 Der Gebrauch bestimmter Gegenstände während eines Gottesdienstes vertieft die Symbolik und das Erleben des sakramentalen Geschehens durch die Gläubigen. Manches hat sich im Lauf der Zeit als kräftiges Symbol erwiesen und bis heute seine Aktualität behalten. Anderes hat an Erkennbarkeit verloren.

4.32 Als Beispiele seien genannt:

- Seit der frühen Kirche ist das Zusammenkommen zum Brechen und Teilen des Brotes im Gedenken an Leben, Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi ein wesentlicher Aspekt der Feier der Eucharistie. Im Laufe der Zeit wurde das Brot durch hauchdünne Hostien ersetzt, bei denen das Brechen und Teilen des täglichen Brots nicht mehr erkennbar wird.

* Vgl. Apg 2,42.46; 20,7.11; 1 Kor 10,16.17; 11,20-34. In der Lehre der zwölf Apostel (der ältesten erhaltenen Gemeinderegel, auch einfach Didache genannt) heißt es: "An jedem Herrentag... brecht das Brot und sagt Dank" (Didache 14,1; zu finden beispielsweise in: Die Apostolischen Väter, Andreas Lindemann/Henning Paulsen (Hrsg.), Mohr, Tübingen 1992, S. 4-21). Von dem hier gebrauchten Wort eucharistein (= Dank sagen) kommt unser Ausdruck Eucharistie.

- Der Chrisam, d.h. das Öl, das bei der Taufe gebraucht wird, trägt die Bedeutung 'im Wohlgeruch Christi stehen' [* Vgl. 2 Kor 2,14-16]. Die Handlung ist geblieben, aber auf eine einzige Berührung beschränkt. Überdies riecht das Öl nicht mehr. Hierdurch ist die Erkennbarkeit der Bedeutung größtenteils verlorengegangen.

4.33 Neue Elemente werden in die Liturgie eingebracht. Frauen suchen zur Thematik des Gottesdienstes symbolische Gegenstände und Zeichen, die kein Hindernis darstellen, wenn Heil erfahrbar werden und Gottes Geist in Menschen wirken soll. Sie suchen Dinge, die im Rahmen des Themas der Feier einen tieferen Wert darstellen können. Sie bringen neue Elemente ein, die in der Praxis bleibenden Wert noch beweisen müssen.

4.34 Als Beispiele seien genannt:

- Das Sauerteigbrot, das miteinander geteilt wird und auf unsere Erwartung des Himmelreiches verweist (Mt 13,33/Lk 13,21).

- Wasser und Brot, die als Zeichen des Protests in einer Unrechtssituation geteilt werden.

- Kräuter, die in einem Gottesdienst, in dem aus Mk 16,1-8/Lk 24,1-12 gelesen wird, verteilt werden als Ansporn, um sich auf den Weg zu machen und unseren Glauben in unserem Lebenswandel zu bezeugen.

4.35 Neben neuen Symbolelementen werden durch Frauen bestehende Symbole neu gedeutet. Zum Beispiel können die fünf Weihrauchkörner in der Osterkerze, die die fünf Wunden Jesu Christi symbolisieren, auf die Wunden der Welt verweisen, die Wunden, die die Gläubigen selbst in ihrem Leben davontragen.

 

Empfehlungen:

4.36 Die vom Weltkirchenrat ausgerufene Ökumenische Dekade 'Kirchen in Solidarität mit den Frauen' (1988-1998) sieht international als eine der Prioritäten die Entwicklung der Spiritualität von Frauen. Wir bitten die Bischöfe, in den bleibenden Jahren der Dekade den Frauen Raum zum Einüben zu verschaffen, wo sie den Gebrauch von Gegenständen und Körpersymbolik in der Liturgie üben und erproben können.

4.37 Wir bitten die Bischöfe, sachkundige Frauen damit zu beauftragen, Pfarreien und pastorale Ausbildungsstätten mit Material auszustatten, mit dessen Hilfe Liturgiekreise sich neue und erneuerte Symbolik zu eigen machen können. Ein solches Programm soll darauf gerichtet sein, Liturgiegruppen Einsicht in die unterschiedliche Aufnahme von Körpersymbolik bei Menschen mit unterschiedlicher Positionen und Erfahrungen zu geben (vgl. Empfehlung 5.34, S. *).

 

4.38 Die Sonntagsgottesdienste kennen einen dreijährigen Lesungszyklus. Im Allgemeinen bestimmen die Lesungen die Thematik der Feier und der Homilie.

Es ist auch möglich, die Thematik einem gesellschaftlichen Phänomen zu entlehnen: Friedenssonntag, Missionssonntag. Im Bistum Haarlem hat sich die Gewohnheit entwickelt, um den 8. März, den internationalen Tag der Frau, der weltweiten Benachteiligung der Frauen besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

4.39 Wir bitten die Bischöfe, die Feier des 8. März - des internationalen Tages der Frau - als Thema-Sonntag in die Gottesdienste einzubeziehen, wobei dem gewöhnlichen Lesezyklus gefolgt wird. Die Exegese muß ausdrücklich aus der Sicht von Frauen geschehen. Dieser Sonntag kann für die Gemeinschaft ein Anlaß sein, die übliche Liturgie frauengerechter zu machen. Eine mit der Feier verbundene Kollekte kann zur Anstellung von Frauen als Diözesanbeauftragte verwendet werden, die Gerechtigkeit und Gleichberechtigung von Frauen in Kirche und Gesellschaft fördern sollen, oder zur Finanzierung eines jedes Jahr neu auszuwählenden Projektes, das Gerechtigkeit und Gleichberechtigung von Frauen fördert.

 


V Sprache

5.1 Durch das Mittel der Sprache verschafft die Glaubensgemeinschaft unserem Glauben an Gott Ausdruck und verkündet die Erlösung der Welt. In der ganzen Geschichte des Christentums wurde viel Sorgfalt darauf verwendet, die richtigen Worte zur Wiedergabe unseres Glaubens zu finden.

5.2 Sprache, also auch Glaubenssprache und theologische Sprache, ist eine menschliche Schöpfung. Die gläubige Gemeinschaft faßt ihre Erfahrungen mit Gott in Worte. Sprache kann jedoch nie vollständig begreifbar machen und angemessen ausdrücken, was das Geheimnis des lebenden Gottes ist. Als menschliche Schöpfung ist Sprache fehlbar und beschränkt.

5.3 Menschen formulieren ihre Einsichten von ihrer Erlebniswelt aus. Andere erkennen sich darin wieder und übernehmen die Sprache, oder sie tun es nicht und die Botschaft geht an ihnen vorbei. Nicht nur gebrauchen wir Wörter, um unsere Ideen auszudrücken, sondern darüber hinaus bestimmen Begriffe den Bezugsrahmen, innerhalb dessen wir wahrnehmen und erkennen. Was außerhalb dieses Rahmens liegt, bleibt unbeachtet. So kann es geschehen, daß die Liturgie, die in einer bestimmten Zeit von bestimmten Gruppen von Menschen ihre Form erhält, durch andere Gruppen nicht verstanden wird oder nicht bei den Einsichten anschließt, die in anderen Gruppen lebendig sind.

5.4 Weder in Symbolsprache noch in gewöhnlicher Sprache ist es vertretbar, Menschen wegen ihrer Geschlechts-, Rassen- oder Klassenzugehörigkeit oder sonstigen Eigenschaften das Wort vorzuenthalten oder sie nicht direkt anzusprechen. Sprache, die Menschen ausschließt, kann keine offenbarende Sprache sein. Besonders wenn wir im Gottesdienst zusammenkommen, ist es wichtig anzustreben, daß die affektiven Bedeutungen der gebrauchten Wörter nicht die befreiende Kraft von Gottes Liebe behindern.

 

Exklusiver Sprachgebrauch

5.5 In einer Kirche und in einer Gesellschaft, in denen das öffentliche Leben hauptsächlich von Männern bestimmt wird, ist auch die Sprache folglich von Männern geformt. So kommt in ihr eben die Erlebniswelt von Männern zum Ausdruck.

5.6 Mit 'exklusivem' [d.h. ausschließendem] Sprachgebrauch ist ein Sprachgebrauch gemeint, der einen Teil der Wirklichkeit zum Ausdruck bringt, einen anderen aber ausschließt, ohne irgendwie zu erwähnen, daß etwas ungenannt bleibt. Männlicher Sprachgebrauch gibt vor, allgemeiner Sprachgebrauch zu sein.

5.7 In einer patriarchalischen Welt, in der Frauen zum Besitz der Männer gerechnet werden - wie unter anderem in den frühen Kulturen des Alten Testamentes -, werden nur Männer als Menschen aufgeführt und spricht Gott (in der männlichen Erfahrungswelt) nur oder vorwiegend Männer an. Ein vom Menschen erfahrener Gott wird vor allem mit männlichen Wörtern bezeichnet. Jedoch wird aus dem Alten Testament auch deutlich, daß selbst im patriarchalischen Kontext Gott nicht mit ausschließlich männlichen Wörtern beschrieben werden kann.

5.8 Über die Erlebniswelt von Frauen in patriarchalischen Zeiten ist uns wenig bekannt. Die Schrift zeigt einen überwiegend männlichen Sprach- und Bildgebrauch und läßt eine männliche Erlebniswelt sehen, auch wenn über Frauen berichtet wird (Ri 11,29-40; 1 Kön 17,8-24; Mt 26,6-13; Joh 4,1-42).

5.9 Auch in einer Welt, in der Frauen zwar nicht mehr als Besitz angesehen werden, aber noch immer benachteiligt sind, werden in erster Linie Männer genannt und angesprochen. So wird die Glaubensgemeinschaft sowohl in der Bibel als auch in der heutigen Kirche häufig mit männlichen Wörtern bezeichnet und angesprochen. Es ist aber die Frage, ob der heilige Paulus in seinen Briefen wirklich nur die Männer ansprach. 'Adelphoi' wird in unseren gewöhnlichen Bibeln mit 'Brüder' übersetzt; es hat aber die breitere Bedeutung von 'Brüder und Schwestern'.

5.10 Frauen fühlen sich, auch infolge der Emanzipationsbewegung, im männlichen Sprachgebrauch stets weniger einbezogen. Da sie selbstbewußt in das öffentliche Leben eingetreten sind, möchten sie sich auch in der allgemeinen Sprache wiedererkennen. Frauen möchten als vollwertige Mitglieder der Kirche ihre Glaubensgenossen an ihren Erfahrungen teilhaben lassen und möchten diese auch in der Liturgie zu Wort kommen sehen. Sie möchten in der Liturgie selbst angesprochen werden, und sie wollen selbst andere Frauen ansprechen und nicht jedesmal die Erläuterung vernehmen müssen, daß es in der Liturgie 'auch' um sie geht.

5.11 Gebrauch von Sprache ist eine so alltägliche Angelegenheit, daß exklusiver Sprachgebrauch sehr eingeschliffen ist. Ihn auszutreiben erfordert besondere Aufmerksamkeit. Das Entwickeln einer inklusiven und ausgewogenen Sprache erfordert einen längerdauernden Prozeß. Es gibt Spannungen zwischen der Einfachheit und Klarheit eines Textes und einem nuancierten Wortgebrauch, der die Gleichheit von Mann und Frau wirklich anerkennt.

5.12 Daß die männliche Erlebniswelt als allgemein geltende angesehen wird, ist auch in grammatischen Regeln wiederzufinden. Der Allgemeinbegriff 'der Sünder' (ein männliches Wort) verweist auf konkrete Sünder und Sünderinnen. Wenn man die männliche Form gebraucht, 'Mitarbeiter', 'Autor' usw., sind meistens auch die Mitarbeiterinnen, Autorinnen mit gemeint. Viele Frauen fühlen sich von einem derartigen Sprachgebrauch nicht als gleichwertig einbegriffen, weil männliche Wörter als erste Assoziation eben die Vorstellung von Männern hervorrufen.

5.13 Das Männliche ist der Ausgangspunkt, und das Weibliche wird so im Männlichen untergebracht und einbegriffen. Grammatikalisch ist es korrekt, vom Menschen als von 'ihm' zu sprechen. Allgemein menschliche Erlebniswelten sowie rein männliche können mit Hilfe von 'der Mensch, er' ausgedrückt werden. Die weibliche Erlebniswelt wird aus der allgemeinen ausgegrenzt. Ein Beispiel möge dies verdeutlichen: Die Aussage 'der Mensch, er zeugt Nachkommen' erscheint korrekt, während der Satz 'der Mensch, er gebärt Kinder' falsch klingt.

Der Gebrauch männlicher Formen als allgemein geltende Form kann nicht länger als die Frauen einschließend angesehen werden.

 

Inklusiver Sprachgebrauch

5.14 Inklusiver [d.h. einschließender] Sprachgebrauch bezeichnet den Gebrauch von Wörtern, die die Gleichheit und Würde jedes Menschen ausdrücken, ohne Unterscheidung nach Rasse, Geschlecht, Alter, sexueller Vorliebe, Religion oder körperlichem Vermögen. Nicht länger steht ein Teil der Wirklichkeit für das Ganze. Die Wirklichkeit aller Personen wird benannt. Im Zusammenhang mit frauengerechtem Sprachgebrauch bezeichnet inklusive Sprache einen Sprachgebrauch, der Frauen und Männer nennt, wenn sie anwesend sind, und sie nicht nennt, wenn sie abwesend sind. Frauen und Männer werden in ihrer Gleichheit und Würde angesprochen. Stereotype werden vermieden, wenn über eines der beiden Geschlechter gesprochen wird.

5.15 Es gibt wichtige theologische Gründe für den Gebrauch und die Ausweitung inklusiver Sprache. Das Canadian Bishops' Pastoral Team der Kanadischen Katholischen Bischofskonferenz schrieb: "Today the use of inclusive language indicates care is being taken to ensure that words reflect our belief in the equality of men and women, our understanding of the Gospel and our affirmation of the church as a communion" (S. 259). ("Heute ist der Gebrauch inklusiver Sprache ein Zeichen für die Sorgfalt, mit der man danach strebt, daß Worte unseren Glauben an die Gleichheit von Männern und Frauen, unser Verständnis des Evangeliums und unsere Bejahung der Kirche als Gemeinschaft wiedergeben.")

5.16 Das Canadian Bishops' Pastoral Team nennt drei theologische Argumente für den Gebrauch inklusiver Sprache. Zum ersten ist inklusive Sprache ein Zeichen der Achtung vor der grundlegenden Gleichheit von Frauen und Männern. Zum zweiten ist sie ein Mittel zur Verkündigung der inklusiven Botschaft des Evangeliums. Zum dritten ist inklusiver Sprachgebrauch ein Ausdruck der Grundeinsicht des Zweiten Vatikanischen Konzils, daß die Kirche eine Gemeinschaft ist, in der grundlegende Gleichheit und Partnerschaft aller in Christus vereinigten Getauften herrscht.

 

5.17 In Gebeten können bestimmte Ausdrucksweisen Menschen das Gefühl geben, daß ihre Lebenssituation hier nicht vorkommen darf. Ein Beispiel aus einem Kommuniongebet: "Du hast uns hier auf Erden das Familienleben als Zeichen deiner Liebe zu uns gegeben". An anderer Stelle: "Du hast uns einen Geist und Hände, Verstand und Herz gegeben, um für unseren Lebensunterhalt und den unserer Lieben zu sorgen". Indem man in dieser Weise Arbeit und Familie mit Gottes Treue und Segen in Verbindung bringt, wird der Eindruck erweckt, daß diejenigen, die kein Eheleben führen oder aus dem Arbeitsprozeß ausgestoßen sind, aus Gottes Segen herausfallen. Auch geht das Gebet an der leider oft vorkommenden traurigen Wirklichkeit von Familien vorbei.

5.18 Die Gebete im Altarmeßbuch öffnen [meist] mit Anrufungen, die vor allem Gottes Erhabenheit und Allmacht zum Ausdruck bringen ("Herr, unser Gott", "himmlischer König", "Gott, allmächtiger Vater"). Die sanften Kräfte Gottes und die im Neuen und Alten Testament vorkommenden weiblichen Gottesbilder werden im Meßbuch selten genannt.

5.19 Daher ist es wichtig, auch die weibliche und die sorgende Seite Gottes zu nennen. Die Bibel beschreibt Gott unter anderem als:

5.20 Das in der Liturgie oft gebrauchte 'Herr' ist eine Übersetzung der hebräischen Wurzel JHWH mit der Vokalisation 'Adonai', was im Griechischen mit Kyrios (=Herr) übersetzt wurde. Die hebräische Kombination von Vokalisation und Konsonanten ist zusammen unaussprechbar. Das verweist auf die Unaussprechbarkeit Gottes. Folglich ist es nicht angemessen, Gott mit einem festen Bild zu identifizieren. Weil Gott über Form und Geschlecht erhaben ist, sollten neben 'Herr' auch weibliche und nicht-geschlechtsgebundene Bezeichnungen verwendet werden.

5.21 Das Sprechen über Gott und das Beten zu Gott gewinnen an Reichtum, wenn geschlechtsneutrale Anreden hinzukommen, neben oder anstatt 'Herr', etwa: 'Gott', 'Ich-bin-da', 'Du'.

Wo Gott mit Substantiven bezeichnet wird, die auf seine Taten hinweisen, wird vielfach die männliche Form gebraucht: 'Befreier', 'Retter'. Es ist möglich, diese Einseitigkeit aufzuheben, indem man sagt: 'Du, unsere Befreiung', 'Kraft der Versöhnung', 'Ursprung unseres Daseins', 'Quelle unserer Hoffnung'.

Der Heilige Geist kann ebenso mit männlichen, weiblichen und geschlechtsneutralen Begriffen bezeichnet werden. Gott und der Heilige Geist sollten mit 'sie' benannt werden können, wenn es sich um weibliche Gottesbilder handelt. Bei geschlechtsneutralen Bildern empfehlen wir die Vermeidung von 'er' und 'sie'. In diesem Fall kann 'sein Wille' durch 'Gottes Wille' ersetzt werden (und ähnliche Ausdrücke entsprechend).

 

Lieder

5.22 Seit einer Anzahl von Jahren wird über eine frauengerechte Sprache in Kirchenliedern diskutiert. Im Randstad-bundel (R), einer viel verwendeten Liedsammlung, die 1970 erschienen ist, sind Menschen ausschließlich Söhne, Brüder, Väter und Knechte. Zum Beispiel: "Was ist denn der Mensch, daß du an ihn denkst, der Sohn Adams, daß er dir zu Herzen geht" (153); "Wolle alle Liebe deinem Sohn zuwenden" (370).

In den Gezangen voor Liturgie (G), einer 1984 erschienenen Liedsammlung, wurde eine Reihe Verbesserungen eingeführt. Im gesungenen Schuldbekenntnis werden 'Schwestern und Brüder' zum Bekenntnis ihrer Schuld aufgerufen (G 226, 227, 228). Verschiedene Lieder wurden angepaßt. Stand im Randstad-bundel noch: "Leben heißt Liebe üben, in der alten Spur gehen. Menschen sind Vater und Sohn und das geht so weiter" (378), so heißt es in den Gezangen voor Liturgie: "Leben heißt Liebe üben, in der alten Spur gehen. Mutter und Vater, Sohn, Tochter, durch alle Zeiten" (465). Im Lied 'Ich steh vor dir' ist 'Sohn' durch 'Mensch' ersetzt worden: "Wolle alle Liebe deinem Menschen zuwenden" (473). Es wurden mehr Marienlieder aufgenommen, mehr Lieder mit einer neutralen Bildsprache. Die Fälle, daß Menschen nur als Söhne, Brüder, Väter und Knechte auftreten, sind vermindert, aber noch nicht verschwunden (z.B.: "Ja, wir sind alle Söhne der Verheißung", G 494).

5.24 Trotz der in den Gezangen voor Liturgie durchgeführten Verbesserungen haben beide Liedsammlungen gemeinsam, daß Gott ausschließlich mit 'Herr' und 'er' angesprochen wird. Die Gottesbilder sind männliche Bilder, der Geist ist ein 'er'. Männliche Pronomen gelten als allgemeine, der Mensch ist immer ein 'er' - auch wenn er/sie 'seinen eigenen Namen findet' (vgl. 439). Häufiger als 'Mensch' kommt das Wort 'wer' vor. 'Wer' ist immer männlich. Dies gilt selbst dann, wenn die biblische Bildsprache sich auf eine Frau bezieht, wie etwa in: "Wer sein Geld verloren hat, das Gut, von dem er lebt, und sucht es unerschöpflich, bis er gefunden hat" (547) (es verweist auf die Frau, die nach der verlorenen Drachme sucht, Lk 15,8-10). Das 'ich' ist ein 'er' ("Ich bin lächerlich in aller Augen, jeder lacht mich kopfschüttelnd aus: Er suchte es bei Gott...", 273). Menschen sind Freunde, Sünder, Landstreicher. Der männliche Plural steht für das Ganze.

5.25 Es ist möglich, die Perspektive abwechselnd von einem männlichen 'ich' und einem weiblichen 'ich' ausgehen zu lassen. Es ist aber zu vermeiden, daß das Männliche das Ganze vertritt.

Bibelübersetzung

5.26 Wie alle uns bekannten Kulturen jener Zeit waren die hebräische und die griechische Kultur patriarchalische Kulturen. Dies spiegelt sich in den biblischen Erzählungen wider: Sie handeln vorwiegend von Männern und sind vorwiegend von Männern geschrieben, sie scheinen sogar für Männer geschrieben zu sein. Beispiele sind: "Ebenso wird mein himmlischer Vater jeden von euch behandeln, der seinem Bruder nicht von ganzem Herzen vergibt" (Mt 18,35) und "Wohl dem Mann, der nicht dem Rat der Frevler folgt" (Ps 1,1).

5.27 Manchmal ist die Übersetzung in heutige Sprachen männlich voreingenommen, auch wenn im Originaltext keine Männer genannt sind. Beispiele sind: "Männer von Ansehen unter den Aposteln" (Röm 16,7), während die wörtliche Übersetzung lautet: "die ausgezeichnet sind unter den Aposteln", und "Dann wird jeder von Gott das Lob erhalten, das ihm zukommt" (1 Kor 4,5), wobei die wörtliche Übersetzung lautet: "und dann wird das Lob jedem werden von Gott".

5.28 Einige der den Bibelpassagen hinzugefügten Überschriften zeigen den jeweiligen Abschnitt aus einer frauenunfreundlichen Perspektive. Zum Beispiel lautet die Überschrift zu Joh 8,1-12: "Die Ehebrecherin". Im Text selbst prangert Jesus die Heuchelei der Schriftgelehrten und Pharisäer an. Es läge also nahe, die Erzählung nach der in ihr enthaltenen Lehre zu benennen. Passendere Überschriften könnten also sein: "Die Frau, die nicht verurteilt wird" oder: "Der erste Stein".

5.29 Es ist dabei nicht angestrebt, patriarchalische Züge von Erzählungen zu vernebeln oder zu leugnen. Wo Frauen nicht anwesend oder nicht einbegriffen waren, soll der Sprachgebrauch deutlich machen, daß es sich um Männer handelt. Bei Erzählungen, in denen Frauen nicht als vollwertige Personen vorkommen, müßten in liturgischen Handreichungen kritische Randbemerkungen gemacht werden können. Diese können auch in die Liturgie einbezogen werden, damit die frauenunfreundliche Seite angesprochen und dadurch einigermaßen neutralisiert wird.

5.30 Es wird Forschung nötig sein, um zu prüfen, wo Frauen einbegriffen sind und wo sie abwesend waren - wo demnach männliche Sprache zu Unrecht und wo sie zu Recht gebraucht wird.

5.31 In den Vereinigten Staaten ist ein 'inklusives Lektionar' zusammengestellt worden, d.h. es wurde eine möglichst frauengerechte Übersetzung des Lektionars erarbeitet.

5.32 Außer der Übersetzung kann auch die für das Lektionar getroffene Textauswahl voreingenommen sein. Als Beispiel diene die erste Lesung des 33sten Sonntags im Lesejahr A. Aus der Lobrede über die tüchtige Frau (Spr 31,10-31) wurde eine Anzahl Verse ausgewählt, die ihre Sorgfalt und ihren Eifer an Spinnrad und Webstuhl rühmen. Weggelassen sind Verse, die ihre kauffrauliche Kompetenz, ihre Kraft und ihre Weisheit besingen. So entsteht ein stereotypes Bild von der 'tüchtigen Frau', das vorgibt, sie betätigte sich bloß im Haushalt.

Eine Handreichung zur Vermeidung exklusiv männlichen Sprachgebrauchs

5.33 Diese Handreichung ist aus verschiedenen im Ausland verwendeten Handreichungen zusammengestellt und der niederländischen Situation angepaßt worden. Sie soll die in diesem Kapitel angesprochenen Probleme illustrieren. Selbstverständlich könnte sie noch erweitert werden.

1. Grundregel inklusiven Sprachgebrauchs ist, daß Menschen sichtbar gemacht werden. Wenn Frauen und Männer gemeint sind, ist neben der männlichen auch die weibliche Form zu verwenden: Pastoralreferenten und -referentinnen. Wenn Du nur Männer meinst, dann gebrauche nur die männliche Form; wenn nur Frauen gemeint sind, nur die weibliche! Über 'Menschen' und 'Laien' zu sprechen, wenn nur Männer gemeint sind, verbirgt, daß Frauen ausgeschlossen sind.

Exkl.: In der Pastoralkommission sitzen 4 Pastoralreferenten. Inkl.: In der Pastoralkommission sitzen 4 Pastoralreferenten und -referentinnen / sitzen 3 Pastoralreferenten und eine Pastoralreferentin.
Exkl.: Laien können geweiht werden. Inkl.: Männliche Laien können geweiht werden.

2. Vermeide Begriffe und Formulierungen, die Männer als repräsentativer für die menschliche Rasse erscheinen lassen als Frauen!

Exkl.: Söhne Gottes. Inkl.: Kinder Gottes, Söhne und Töchter Gottes.
Exkl.: Brüder. Inkl.: Schwestern und Brüder.

3. Vermeide den Gebrauch von männlichen Pronomen für die Allgemeinheit!

Exkl.: Der Mensch, er geht den Weg von Gut und Böse. Inkl.: Wir Menschen gehen... oder: Man/jemand geht den Weg...

    * Auch hier hat das Niederländische mehr Möglichkeiten. Im Deutschen empfinden zudem viele Frauen das Indefinitpronomen 'man' als zu männlich (Im Niederländischen sind die Wörter für 'Mann' und 'man' auch lautlich verschieden).

Exkl.: Der durchschnittliche Pfarrangehörige ist stolz auf seine Kirche. Inkl.: Meistens sind Pfarrangehörige stolz auf ihre Kirche.
Exkl.: Jeder wird sein Bestes geben. Inkl.: Alle werden ihr Bestes geben.

4. Suche Ersatz für Wörter, die Frauen unsichtbar machen!

Exkl.: Brüderlich Inkl.: Geschwisterlich
Exkl.: Vorväter Inkl.: Vorfahren
Exkl.: Vaterland Inkl.: Land der Verheißung
Exkl.: Sohnschaft Inkl.: Kindschaft

5. Nimm immer an, daß Leser und Leserinnen (bzw. Zuhörer und Zuhörerinnen) beiderlei Geschlechts sind!

Exkl.: Sie und Ihre Frau Inkl.: Sie und Ihr Mann oder Ihre Frau
Exkl.: Meine Herren Inkl.: Meine Damen und Herren

6. Gebrauche konsequent für Frauen und Männer dieselbe Anredeweise!

* Vgl. als konkrete Anwendung Nr. 1.9.

Exkl.: Weber und seine Frau Inkl.: Herr und Frau Weber
Exkl.: Weber und Christa Uhl Inkl.: Johann Weber und Christa Uhl
Exkl.: Weber und Frau Uhl Inkl.: Herr Weber und Frau Uhl / Weber und Uhl

7. Hüte dich vor Stereotypisierung; vermeide eine Unterbewertung der Frauen! Mache Frauen in ihren Rollen und Talenten sichtbar! Gebrauche in Erzählungen sowohl Männer als auch Frauen als positive wie negative Beispiele; gebrauche auf Plakaten, Stickern und anderen Abbildungen Frauen und Männer! Verwende Beispielerzählungen, die berichten, wie Gott in der Geschichte mit Frauen umgegangen ist!

Exkl.: Weber ist ein fähiger Arzt und seine Frau eine nette Blondine. Inkl.: Johann Weber ist ein fähiger Arzt und Marianne Neuhäuser-Weber eine erfolgreiche Anwältin.
Exkl.: Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs Inkl.: Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, Gott Saras, Rebekkas, Rahels und Leas.

8. Ersetze Ausdrücke, die stereotype Frauen- oder Männerbilder verfestigen!

Exkl.: Die Braut wartet auf ihren Bräutigam. Inkl.: Die Gemeinde erwartet Christus.
Exkl.: Das Dunkel des irdischen Mutterschoßes Inkl.: Die Dunkelheit der Welt

 

9. Gebrauche weibliche, männliche und geschlechtsneutrale Bilder für Gott!

* Im niederländischen Original sind hier noch mehr Möglichkeiten aufgezählt; vgl. die Anmerkung zu 5.21.

10. Vermeide Assoziationen der Farben weiß und schwarz mit Gut und Böse! Benenne Behinderte nicht mit ihrer Behinderung!

Exkl.: Ein Mensch mit einer schwarzen Seele Inkl.: Ein Mensch, der nichts taugt
Exkl.: Der blinde Mann / die blinde Frau singt im Chor. Inkl.: Herr/Frau Uhl singt im Chor.

11. Begreife, daß Sprache sich durch die Zeiten weiterentwickelt! Einige Lösungen, die jetzt noch gezwungen erscheinen, können in Zukunft als normal erfahren werden. Probleme, für die es jetzt noch keine Lösung gibt, können in Zukunft gelöst werden, falls andere Probleme jetzt eine Lösung finden. Wenn Dir einmal inklusiver Sprachgebrauch nicht gelingt, verzeih es Dir und probier es wieder!

Empfehlungen:

5.34 Wir bitten die Bischöfe, ein intensives Aktionsprogramm ins Leben zu rufen, um bei den Pfarrern, den Liturgiekommissionen in den Pfarreien und bei den Ausbildungsstätten das Bewußtsein der Bedeutung eines ausgewogenen Sprachgebrauchs zu fördern.

5.35 Wir bitten die Bischöfe, sachkundige Frauen damit zu beauftragen, Material (Handreichungen und Arbeitsbücher) für die Pfarreien zu erarbeiten, um den Bewußtseinsbildungs- und Lernprozeß in Bezug auf den Sprachgebrauch in der Liturgie zu unterstützen.

5.36 Wir bitten die Bischöfe, liturgische Arbeitskreise, Ausbildungsstätten und Redaktionen von Predigtzeitschriften auf solche Perikopen aufmerksam zu machen, die aus dem Blickpunkt einer frauengerechten Liturgie einer besonderen Erläuterung bedürfen.

5.37 Wir bitten die Bischöfe, sachkundige Frauen zu beauftragen, an den geeigneten Stellen an der Überarbeitung und Ergänzung von Anrufungen, Liedern, Gebeten, Doxologien, Akklamationen, Eröffnungsversen, Texten zur Entlassung und Segensgebeten zu arbeiten.

5.38 Wir bitten die Bischöfe, Sachkundige damit zu beauftragen, liturgische Texte und Lieder von Frauen zu sammeln und diese Texte häufiger beim Zusammenstellen der wöchentlichen Liturgie zu verwenden.

5.39 Wir bitten die Bischöfe, beim Neudruck von Gebetbüchern, Liedsammlungen und Ähnlichem korrigierte Texte, neue und schon vorhandene Gebete von Frauen sowie Texte und Lieder von Frauen aufnehmen zu lassen.

5.40 Wir bitten die Bischöfe, die Revision der Übersetzungen der liturgischen Bücher und der Bibel durch eine aus sachkundigen Frauen und Männern bestehende Kommission zu veranlassen und zu fördern.

5.41 Wir bitten die Bischöfe, auf internationaler Ebene den inklusiven Sprachgebrauch in offiziellen Dokumenten und liturgischen Texten zu fördern.

5.42 Wir bitten die Bischöfe, dafür einzutreten, daß das Lektionar in Bezug auf die Perikopenauswahl und die Übersetzung frauengerechter gestaltet wird.

 


VI Rollenverteilung

6.1 Das theologische Selbstverständnis der Kirche als Gemeinschaft in Jesus Christus durch den Geist stellt Fragen an die Rollenverteilung in der Liturgie. Wenn man die Geschichte aus der Vogelperspektive betrachtet, so sieht man, wie der Einbeziehung von Frauen in die Liturgie verschiedene Formen gegeben wurden.

6.2 In der frühen Kirche wurden verschiedene Dienste durch Frauen verrichtet, unter anderem die der 'Witwe' und der 'Diakonin'. Die Diakonin erfüllte liturgische Funktionen. Frauen hatten Teil an der Gemeindeleitung. Phöbe (Röm 16,1) und Priska (Röm 16,3) sind Beispiele dafür. Ihre Aufgaben variierten nach Zeit und Ort. Es bestehen unterschiedliche Ansichten darüber, was genau ihre Funktionen waren. Es gab damals noch keine einheitlichen Festlegungen für die verschiedenen Dienste, keine einheitliche Unterscheidung zwischen Klerus und [sonstigen] Gläubigen.

6.3 Im zweiten Jahrhundert fand eine deutliche Konzentration des Geistes-Charismas auf Weihe und Amt statt. Die hierarchische Gliederung in der Kirche entstand seit dem Beginn des dritten Jahrhunderts; die Figur des Bischofs wurde mit Vollmachten ausgestattet. Es fand eine gewisse Sakralisierung des kirchlichen Dienstes in der Liturgie statt. Das mittelalterliche Recht schloß Frauen von allen Ämtern und Funktionen aus.

6.4 Mit der Einführung des Codex Iuris Canonici (des kirchlichen Gesetzbuches, CIC) im Jahre 1917 hat sich dies prinzipiell verändert. "Mit der Taufe wird ein Mensch in der Kirche Christi zur Person (d.h. Rechtssubjekt), mit allen Rechten und Pflichten der Christen" (Canon 87). Diese Rechtsbestimmung bedeutet Gleichberechtigung für Frauen und Männer. Es wurde anerkannt, daß eine Frau ebenso wie ein Mann Prozeßkläger/in, Prokurator/in und Zeuge/Zeugin sein konnte.

6.5 Durch das Zweite Vatikanische Konzil wurde die Rolle der Laien in der Kirche anerkannt. Im Gottesvolk und seiner Sendung wird kein Unterschied zwischen Frauen und Männern gemacht. Frauen und Männer sind Bild Gottes; es herrscht Gleichheit in Schöpfung und Heilsordnung, in Christus und in seiner Kirche.

6.6 Das Konzil gibt dem Dienst von Laien, Frauen wie Männern, Raum: "Außer diesem Apostolat, das schlechthin alle Christgläubigen angeht, können die Laien darüber hinaus in verschiedener Weise zu unmittelbarer Mitarbeit mit dem Apostolat der Hierarchie berufen werden, nach Art jener Männer und Frauen, die den Apostel Paulus in der Verkündigung des Evangeliums unterstützten und sich sehr im Herrn mühten..." (LG 33c). Das Konzil hat die Gleichheit von Frauen und Männern in der Schöpfung und in der Kirche nicht detailliert herausgearbeitet, aber es hat einer Bereicherung des kirchlichen Lebens und der Liturgie durch die Teilnahme von weiblichen und männlichen Laien Raum geschaffen. "Schließlich vertraut die Hierarchie den Laien auch gewisse Aufgaben an, die enger mit den Ämtern der Hirten verbunden sind, etwa bei der Unterweisung in der christlichen Lehre, bei gewissen liturgischen Handlungen und in der Seelsorge" (Apostolicam Actuositatem (AA) 24e).

6.7 Frauen erfahren diese Erweiterung der Möglichkeiten als wohltuend.

Einerseits betrifft dies die Liturgie. Sie hat durch die Einbeziehung von Laien an Reichtum gewonnen, ebenso durch die größere Zahl liturgischer Modelle und durch die hiermit erlangten Möglichkeiten, die Liturgie dem täglichen Leben in der Glaubensgemeinschaft näher zu bringen.

Andererseits betrifft die wohltuende Erfahrung die Frauen selbst. Für sie ist es möglich geworden, beruflich als Pastoralreferentin oder ehrenamtlich in der Pfarrei zugunsten der Glaubensgemeinschaft (unter anderem) zu den liturgischen Feiern beizutragen.

6.8 Im Jahr 1983 ist das neue kirchliche Gesetzbuch (CIC) in Kraft getreten. In diesem Kodex wird die Sicht von Lumen Gentium bezüglich der grundlegenden Gleichheit aller Christgläubigen übernommen und festgelegt. Im Canon 228 wird Laien die Möglichkeit zuerkannt, kirchliche Ämter und Aufgaben zu übernehmen: "Laien, die als geeignet befunden werden, sind befähigt, von den geistlichen Hirten für jene kirchlichen Ämter und Aufgaben herangezogen zu werden, die sie gemäß den Rechtsvorschriften wahrzunehmen vermögen" (§ 1).

6.9 Es wurde eine Reihe an Möglichkeiten geschaffen, Laien Aufgaben anzuvertrauen, die eng mit dem Hirtenamt verbunden sind. Viele dieser Aufgaben liegen auf dem Gebiet der Vorbereitung auf den Sakramentenempfang, der Vorbereitung von liturgischen Feiern, des Vorsitzes in nichteucharistischen Feiern. Auf der Grundlage des Canon 228 können neue Dienste und Ämter eingesetzt werden. Es ist folglich möglich, daß die Entwicklungen in der Kirche und in der Liturgie durch die Einsetzung neuer und spezifischer Dienste bekräftigt werden.

6.10 Auch wenn in Canon 228 allen Laien die Möglichkeit zuerkannt wird, kirchliche Ämter und Aufgaben zu übernehmen, so wird doch in Canon 230, in dem es um einige liturgische Dienste geht, ein Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Laien gemacht.

Männliche Laien können für den Dienst des Lektors und des Akolythen auf Dauer bestellt werden. Frauen können mit diesem Dienst nur zeitlich begrenzt beauftragt werden (Can. 230 § 2).

6.11 Die Bestimmung beruht auf einer Entscheidung Pauls VI. aus dem Jahr 1972. Er bestimmte damals, daß die Bestellungen zum Lektor und Akolyth "gemäß der ehrwürdigen Tradition der Kirche" Männern vorbehalten bleibt.

6.12 Historisch ist dies damit zu erklären, daß diese Dienste in der Geschichte als Aufnahme in den klerikalen Stand angesehen wurden. Da diese Dienste heute aber ohne Weihe auf Dauer Laien anvertraut werden können, ist es nicht mehr zu verteidigen, daß weibliche Laien auf unbestimmte Zeit davon ausgeschlossen werden.

6.13 Bei in den Strukturen begründeter Abwesenheit eines ordentlichen Taufspenders kann der örtliche Bischof jemanden aus der Gemeinschaft als außerordentlichen Spender bestimmen [* siehe Can. 861 § 2 CIC]. Laien können beauftragt werden, mit für die Verkündigung Sorge zu tragen [* siehe Can. 759 CIC]. Auch die Delegation von Laien zur Assistenz bei kirchlichen Eheschließungen ist nach dem Kirchenrecht unter außerordentlichen Umständen möglich; dazu benötigt der Ortsbischof die Zustimmung der Bischofskonferenz und die Erlaubnis des Heiligen Stuhles [* siehe Can. 1112 § 1 CIC].

6.14 Wenn es gute und vernünftige Gründe gibt und dem geistlichen Wohl gedient wird, kann ein Bischof in bestimmten Fällen Dispensen erteilen [* siehe Can. 85, 87, 90 CIC]. Aufgrund dieser Befugnis kann ein Bischof bestimmte universale kirchliche Gesetze außer Kraft setzen. Auf diese Weise können besondere Maßnahmen getroffen werden, die sich aus den konkreten Umständen und Eigenarten einer bestimmten Gemeinschaft ergeben. Die Dispensbefugnis ist für einen Bischof ein juridisches Mittel, um seine Gemeinschaft in einer dieser angepaßten und pastoral verantwortlichen Weise zu leiten.

 

Empfehlungen:

6.15 Wenn die feiernde Gemeinschaft auf das Reich Gottes verweist, dann müßte der Raum, den das Kirchenrecht den Bischöfen zum Handeln in außerordentlichen Situationen läßt, kreativ genützt werden, um dieses Reich Gottes in einer Weise gegenwärtig zu machen, die eine Diskriminierung wegen des Geschlechts ausschließt. Wir empfehlen den Bischöfen, bei ihrem Streben nach Aufhebung der Ungleichheit von Frauen und Männern in der Kirche von den Möglichkeiten Gebrauch zu machen, die das kirchliche Gesetzbuch für außerordentliche Umstände läßt.

6.16 Wir bitten die Bischöfe, sich dafür einzusetzen, daß Frauen ebenso wie Männer auf Grund einer Beauftragung auf Dauer die liturgische Funktion des Lektors und Akolythen bekleiden können.

6.17 Wir bitten die Bischöfe, Schritte zu unternehmen, damit die Unterscheidung zwischen Männern und Frauen, die in Canon 230 CIC bezüglich der Dienste des Lektors und des Akolythen gemacht wird, aufgehoben wird. Wenn eine derartige Gleichstellung nicht erreicht werden kann, dann empfehlen wir, von einer festen Beauftragung von männlichen Getauften für den Lektoren- und Akolythendienst abzusehen.

6.18 Wir bitten die Bischöfe, auf der Grundlage ihrer Dispensbefugnis genau zu untersuchen, wo in bestimmten Fällen die Befugnisse der Pastoralreferent/inn/en ausgedehnt werden können.

 

Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen

6.19 Seit den Erneuerungen des Zweiten Vatikanischen Konzils hat die Zahl der Laien in der kirchlichen Arbeit zugenommen. Von aller ehrenamtlichen Arbeit besteht fast 60% aus liturgischen Aufgaben (KM 6.2). Die Frauen überwiegen; dies gilt für alle ehrenamtlichen Tätigkeiten, besonders aber für die Liturgie und dort, wo es um die Arbeit mit Kindern geht.

6.20 Eine Umfrage, die im März 1988 unter den Benutzerinnen des Informationszentrums Frauen und Liturgie durchgeführt wurde, ergibt folgendes Bild: Wenn ehrenamtliche Mitarbeiterinnen in der Gemeindeliturgie aktiv sind, dann meistens in verschiedenen Gottesdienstformen. In Wortgottesdiensten und Kommunionfeiern, Andachten und Frauengottesdiensten erfüllen Frauen Aufgaben, die zur Rolle des Vorstehers/der Vorsteherin der Feier gehören. Bei Eucharistiefeiern wirken sie als Lektorin oder wirken in anderer Weise mit. In Vorbereitungsgruppen spielen Frauen eine wichtige Rolle. Alle nichteucharistischen Feiern werden in vielen Fällen ausschließlich von Laien (meistens Frauen) getragen.

6.21 Frauen bereiten gemeinsam mit anderen Gottesdienste vor, arbeiten das Thema der Feier aus, suchen Texte und Lieder dazu und gestalten Meditationen. Kurz: Sie koordinieren die Aktivitäten vor der Feier, sind mit einbezogen und tragen oft die Verantwortung. Die Liturgievorbereitung bietet Frauen die Möglichkeit zur persönlichen Glaubensvertiefung und zum Austausch darüber. In vielen Fällen entsteht, gerade durch die persönliche Glaubensvertiefung, das Bedürfnis, das 'Frau-Sein in dieser Welt' auf die eine oder andere Weise zu thematisieren und zu vertiefen. Wenn Frauen sich der Möglichkeiten liturgischer Formen bewußt werden, sehen sie ihre Erfahrungen darin nicht widergespiegelt. So entsteht das Bedürfnis nach anderem, neuem Material: Texten, Liedern, Symbolen usw.

6.22 Wenn Frauen sich mehr auf eine von Frauen inspirierte Liturgie hin orientieren, erhält das Gemeinsame Vorrang gegenüber der Trennung der Kirchen. Wenn Frauengottesdienste abgehalten werden, gelegentlich oder mit bestimmter Regelmäßigkeit, entspringen sie meist ökumenischer Initiative.

 

Empfehlung:

6.23 Wir bitten die Bischöfe, ein 50%-50%-Verhältnis von Frauen und Männern in den Liturgieausschüssen auf Pfarrei-, Dekanats-, Bistums- und Landesebene anzustreben.

 

Pastoralreferentinnen

6.24 Weibliche und männliche Laien können durch die Öffnung der theologischen Ausbildung seit 1964 Theologie studieren.

6.25 Seit 1970 gibt es in der röm.-kath. Kirche [der Niederlande] die Funktion des 'pastoraal werker' (Pastoralreferent) bzw. der 'pastoraal werkster' (Pastoralreferentin). Die Zahl der Frauen in dieser Funktion war zu Beginn sehr klein, hat aber in den letzten Jahren stark zugenommen. Bestand diese Berufsgruppe 1977 nur zu 7% aus Frauen, so ist ihr Anteil bis 1987 auf 26% gestiegen. Am 1. Januar 1988 gab es 442 Pastoralreferent/inn/en, davon 327 Männer und 115 Frauen. Die Frauen holen also ihren Rückstand ein.

6.26 Zugleich ist in den letzten Jahren die Rede von einem schnell zunehmenden Prozeß der Bewußtseinsbildung und der Besinnung unter den Pastoralreferentinnen darüber, daß sie als Frauen es mit einer spezifischen Problematik zu tun haben, die mit der allgemeinen Problematik ihrer Funktion - der Spannung zwischen Berufung und Beruf, Weiheamt und Laienrolle - eng verknüpft ist. Diese spezifische Problematik betrifft Erwartungen, Unterstellungen und Reaktionen bezüglich der Tatsache, daß sie als Frau diese Funktion bekleiden. Diese Spannungen sind dadurch entstanden, daß dem 'Frau-Sein' verschiedene Bedeutungen gegeben werden.

6.27 In fast allen Bistümern (u.a. in Utrecht, Breda, Groningen, Haarlem und 's-Hertogenbosch) kommen - zum Teil seit Jahren, zum Teil seit kurzer Zeit - Pastoralreferentinnen zusammen, um miteinander über die Spannungen zu reden, die sie als Frauen erfahren. Außerdem tauschen sie sich auch über die spezifischen Schwierigkeiten, denen sie als Pastoralreferentinnen begegnen, und über ihre Sicht von pastoralem Tun und von Spiritualität, die durch ihre Erfahrungen als Frauen mit geformt wird, aus.

6.28 Eine 1989 im Auftrag der Landesarbeitsgruppe Katholischer Theologiestudentinnen durchgeführte Untersuchung über die Erfahrungen von Theologiestudentinnen während ihres Pastoralpraktikums nennt eine Anzahl von Problembereichen. Der größte scheint bei der [mangelnden] Akzeptanz zu liegen, zum einen gegenüber der Tatsache, daß eine Frau diesen Beruf ausübt, zum anderen gegenüber dem Beruf als solchem, mit dem viele noch wenig anfangen können.

6.29 Ferner kann die Kombination der Funktion der Pastoralreferentin mit dem 'Frau-Sein' die Akzeptanz negativ beeinflussen. Wer diese Funktion als solche nicht akzeptiert, reagiert noch intoleranter, wenn sie von einer Frau ausgeübt wird. Bei einer Frau ist es offensichtlich, daß sie kein Priester ist; bei einem Mann in derselben Funktion ist das weniger klar, weswegen er durchweg leichter von den Gläubigen als Vorsteher [in der Liturgie] akzeptiert wird.

6.30 Die Bischöfe der Niederlande haben beschlossen, Pastoralreferent/inn/en keinen allgemeinen Auftrag zu geben, um den "Eindruck eines parallelen Klerus" bzw. den einer "zu Priestertum und Diakonat alternativen Möglichkeit" zu vermeiden. Sie äußerten ihre Wertschätzung für die Arbeit, die die Pastoralreferenten und -referentinnen verrichten. Zugleich wollten die Bischöfe die "spezifischen Aufgaben" der Pastoralreferent/inn/en deutlich von denen unterschieden wissen, die Priestern und Diakonen anvertraut werden. Diese spezifischen Aufgaben betreffen Bildungsarbeit, Katechese, Begleitung und Vorbereitung von Christen in der christlichen Glaubenspraxis, Liturgievorbereitung, Vorbereitung auf die Sakramente sowie die pastorale Einzelbetreuung.

6.31 Das Vorstehen und die Ausführung in der Liturgie gehört nicht zu den spezifischen Aufgaben der Pastoralreferentin. Dennoch erfüllen Pastoralreferentinnen in der Praxis weiterhin oft liturgische (Teil-)Funktionen. Sie stehen mit großer Regelmäßigkeit liturgischen Feiern vor, sowohl bei den Sonntagsgottesdiensten als auch bei besonderen Anlässen. Dort, wo sich die Glaubensgemeinschaften mit dem Vorstehen von Frauen in der Liturgie vertraut machen konnten, werden diese Gottesdienste sehr positiv bewertet.

6.32 Aus einer Studie über die Pastoralreferentin in der röm.-kath. Kirche ergibt sich, daß Frauen dem, was männliche Amtsträger bisher sichtbar machten, einen eigenen Aspekt hinzufügen. Es handelt sich um ein Erleben, das nahe beim eigenen Herz und dem des Mitmenschen beginnt. Frauen machen auf die Bedeutung von kreativen und überraschenden Momenten und auf die Bedeutung der Details und der Sorge für Atmosphäre und Raum aufmerksam. Sie versuchen, menschliche Erfahrungen und das, was Menschen füreinander bedeuten können, in den Mittelpunkt von Verkündigung und Gottesdienst zu stellen.

6.33 Weil den Pastoralreferent/inn/en zwar die pastorale Einzelbetreuung und die Vorbereitung auf die Sakramente anvertraut ist, nicht aber die Spendung der Sakramente oder die Assistenz bei der kirchlichen Eheschließung, ergeben sich Situationen, in denen Gläubige die kirchliche Eheschließung, das Taufsakrament oder die Krankensalbung aufschieben oder ganz davon absehen.

6.34 Pastoralreferent/inn/en in Krankenhäusern, Alters- und Pflegeheimen begleiten Sterbende auf intensive Weise. Ein Priester, der dann oft weniger bekannt ist, spendet die Krankensalbung. Für die Vertraulichkeit des Geschehens und den pastoralen Charakter der Salbung ist dies eine unbefriedigende Situation.

6.35 Wir bitten die Bischöfe, Canon 228 CIC so zu verstehen und anzuwenden, daß Pastoralreferent/inn/en bei ihrer Anstellung ein breiter pastoraler Auftrag verliehen werden kann, wobei das Vorstehen in der Liturgie als Teil der spezifischen Aufgaben anerkannt wird.

6.36 Wir bitten die Bischöfe, sich für eine derartige Anwendung von Canon 767 § 1 (über die Homilie) einzusetzen, daß allen Pastoralreferent/inn/en die Homilie anvertraut wird.

6.37 Wir bitten die Bischöfe, den Raum, den Canon 861 bietet, so zu nützen, daß allen Pastoralreferent/inn/en die Taufspendung anvertraut werden kann.

6.38 Wir bitten die Bischöfe anzustreben, daß die Befugnis zur Taufspendung Pastoralreferent/inn/en auf Dauer anvertraut wird, ohne Beschränkung auf eine Pfarrei, ungeachtet der [etwaigen] Anwesenheit eines Priesters und auf unbeschränkte Zeit.

6.39 Wir bitten die Bischöfe, den Raum, den Canon 1112 bietet, so zu nützen, daß Pastoralreferent/inn/en bei der kirchlichen Eheschließung assistieren können.

6.40 Wir bitten die Bischöfe, jene Initiativen zu entfalten, die es ermöglichen, Pastoralreferent/inn/en auf Dauer die Spendung der Krankensalbung anzuvertrauen. Wir bitten die Bischöfe, wo es möglich ist, von ihrer Dispensbefugnis Gebrauch zu machen.

6.41 Wir bitten die Bischöfe, bei Priestern, Pfarrleitungen und Einrichtungen, in denen pastorale Tätigkeiten stattfinden, darauf hinzuwirken, daß die Akzeptanz gegenüber Praktikantinnen, Pastoralreferentinnen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen als Vorsteherinnen von liturgischen Feiern verbessert wird. Dies kann geschehen:

- durch offizielle Vorstellung der Praktikantinnen, ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Pastoralreferentinnen zu Beginn ihrer Tätigkeit in einer der jeweiligen Funktion angemessenen Form;

- indem zusammen mit der Praktikantin, ehrenamtlichen Mitarbeiterin oder Pastoralreferentin die Probleme einer Umgebung, die an weibliche Vorsteherinnen [in der Liturgie] nicht gewöhnt ist, eingeschätzt, besprochen und vom ganzen Pastoralteam und der Pfarrleitung gemeinsam in Angriff genommen werden;

- durch das Angebot von Supervisionsmöglichkeiten für Pastoralteams, bei denen Praktikantinnen, ehrenamtliche Mitarbeiterinnen oder Pastoralreferentinnen auf Akzeptanzprobleme stoßen.

6.42 Wir bitten die Bischöfe, für vielfältige Ausbildungs- und Trainingsmöglichkeiten für Pastoralreferentinnen, Praktikantinnen und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen im Bereich von liturgischem Handeln und öffentlichem Auftreten zu sorgen.

 

Die Weihe

6.43 Seitdem der Codex von 1917 in Kraft getreten ist, ist die Gleichberechtigung aller Getauften eine Tatsache. Die ungleiche Behandlung von Frauen und Männern in der Kirche wird auf verschiedenen Gebieten rückgängig gemacht. Die ungleichwertige Position der Frauen bleibt jedoch bestehen, wo es um die Zulassung von Frauen zu den Weihen geht. Beim Nachdenken über die Gleichheit von Männern und Frauen in der Liturgie kann die Diskussion über die Zulassung von Frauen zu den Weihen nicht außer acht bleiben.

 

Der Ständige Diakonat

6.44 Das Zweite Vatikanische Konzil hat es ermöglicht, daß "der Diakonat als eigene und beständige hierarchische Stufe wiederhergestellt werden" konnte (LG 29). Da es diesen Dienst als dauernden Lebensstand erst seit kurzem wieder gibt, ist es wichtig nachzuprüfen, wo dieses Amt die Ungleichwertigkeit von Frauen und Männern fördert. Im Rahmen dieses Berichtes wird diese Frage zugespitzt auf den liturgischen Bereich.

6.45 Im Jahr 1975 verabschiedeten die niederländischen Bischöfe ein Rahmengesetz für den Ständigen Diakonat. Darin geben die Bischöfe folgende Motive für die Einführung des Ständigen Diakonats an:

- um die Vielfalt der Dienste in der Kirche zu fördern;

- um den Gläubigen, die praktisch schon pastorale Arbeit leisten, das Sakrament und die Befugnisse des Ständigen Diakonats zu verleihen;

- um die weniger werdenden Priester von den Tätigkeiten zu entlasten, die auch durch Diakone erfüllt werden können;

- um die diakonale Sendung der ganzen Kirche zu betonen, insbesondere bei denen, die von der Kirche entfremdet sind, und bei denen, die in der Gesellschaft am meisten bedroht sind.

6.46 Bei der Frage nach dem Eigenen des Diakonats neben dem Bischofsamt und dem Priestertum sagt die Kirche mit einem Zitat aus der altkirchlichen Tradition, daß die Diakone "die Handauflegung 'nicht zum Priestertum, sondern zur Dienstleistung (ministerium) empfangen'" (LG 29).

6.47 Obwohl die historische Wissenschaft immer deutlicher zeigt, daß in der frühen Kirche sowohl Frauen wie Männer das Diakonenamt bekleideten, ist dies bei der Wiedereinführung der Weihe den Männern vorbehalten worden: Verheiratete und unverheiratete Männer können die Diakonenweihe empfangen.

6.48 Anders als die Frage des Priesteramts der Frau ist die des Diakonats der Frau eine noch offene Frage, über die es noch keine verbindliche kirchliche Aussage gibt. Auf der Synode über die Laien (1987) baten viele Bischöfe darum, diese Frage zu studieren.

6.49 Zum Ständigen Diakonat können Männer mit einer vollständigen theologischen Ausbildung zugelassen werden, die [dann] hauptberuflich in der Kirche beschäftigt sind. Auch für Nicht-Theologen gibt es die Möglichkeit, neben ihrer Aufgabe in der Gesellschaft eine vierjährige Teilzeitausbildung zum Diakon zu erhalten. Diese Diakone, die aus der ehrenamtlichen Arbeit kommen, erhalten durch die Weihe denselben Auftrag und die gleichen Befugnisse, wenn auch in eingeschränkter Form.

6.50 Für Frauen bedeutet dies eine neue Form der Zurückstellung. Nicht allein das Priesteramt ist für Frauen unzugänglich. Auf dem Gebiet der ehrenamtlichen Arbeit, wo es bis vor kurzem gleiche Befugnisse für Frauen und Männer gab, ist nun eine Ungleichheit entstanden. Obwohl der größere Teil des diakonalen Dienstes innerhalb und außerhalb der Kirche von Frauen geleistet wird, ist für sie die Weihe unzugänglich.

6.51 Dort wo der diakonale Dienst der Männer wieder zu Ehren gekommen ist, müßte er auch für die Frauen offengestellt werden.

6.52 Den Diakonen wird ein dreifacher Dienst anvertraut: Liturgie, Verkündigung und Liebeswerke. Neben dem Dienst an der Gemeinschaft ist dem Diakon der Dienst am Altar anvertraut. Der Diakon kann Predigtvollmacht erhalten, er kann bestimmten Segensfeiern vorstehen, ordentlicher Taufspender sein, [zur eucharistischen Anbetung] aussetzen und den eucharistischen Segen spenden. Er kann bei der kirchlichen Eheschließung assistieren.

6.53 In den Diözesen der Kirchenprovinz gibt es Akzentunterschiede in den Auffassungen von den Aufgaben der Diakone. Dies hat Folgen für die Auswahl und Ausbildung von Diakonen. In manchen Bistümern wird auf die diakonalen Aufgaben des Diakons Nachdruck gelegt; die liturgische Aufgabe ist dem untergeordnet. So wird im Bistum Utrecht Diakonen, die eine Teilzeitausbildung erhalten haben, nur eine beschränkte Predigtvollmacht verliehen. Wenn eine diakonale Thematik im Mittelpunkt der Feier steht, können die Diakone die Verkündigung übernehmen [Beleidsnota Utrecht]. In anderen Bistümern steht die liturgische Aufgabe mehr im Vordergrund. Bischof Möller (Groningen): "Es stellt sich für die Zukunft die Aufgabe, der Assistenz des Diakons bei der Feier der Liturgie mehr Gestalt zu geben" [Kerkelijke Documentatie 1990, 148].

6.54 Diakone haben nicht die Aufgabe, die Arbeit der Laienmitarbeiter zu übernehmen. Da unter außerordentlichen Umständen gerade auch Frauen liturgische Aufgaben anvertraut werden, kann eine liturgische Schwerpunktsetzung bei der Ausgestaltung des Diakonats bedeuten, daß die Rolle der Frauen in der Liturgie weiter beschränkt wird.

6.55 Es ist den Bischöfen möglich, von Diakonenweihen in ihrer Diözese abzusehen. So haben Erzbischof Hunthausen von Seattle und Bischof Walter F. Sullivan von Richmond, Virginia, bekanntgemacht, daß sie keine Diakone mehr weihen, bis auch Frauen zur Diakonenweihe zugelassen werden [nach 1-2-1 1990, 303 bzw. Trouw 21.8.1990].

 

Empfehlungen:

6.56 Wir bitten die Bischöfe, in Zusammenarbeit mit anderen Bischofskonferenzen die Möglichkeit der Diakonenweihe von Frauen zu untersuchen und die entgegenstehenden Hindernisse zu beseitigen, damit der Weg geöffnet wird, Frauen auf Dauer den Diakonat und dessen liturgische Aufgaben anzuvertrauen.

6.57 Wir bitten die Bischöfe zu untersuchen, wo in der Praxis eventuelle frauenfeindliche Auswirkungen der Anwesenheit von Diakonen in der Liturgie liegen. Wir bitten sie, die Vor- und Nachteile der Weihe abzuwägen und zu überdenken, ob ein Moratorium in ihrer Diözese wünschenswert ist.

 

Priesterweihe

6.58 In der Diskussion über die Weihe stellt das Priestertum der Frau wohl den umstrittensten Punkt dar.

Das kirchliche Lehramt hat bis jetzt noch nicht die Möglichkeiten untersucht, Frauen zur Priesterweihe zuzulassen. Es beruft sich auf eine Reihe von Argumenten, die ihm zufolge unumstößlich feststehen. Die in der frühen Kirche gewachsene Tradition wird dabei mit der göttlichen Offenbarung verwechselt. Die historische Situation der frühen Kirche wird zur Norm für die ganze Kirche für alle Zeiten. Die historische Praxis wird direkt mit dem Handeln und Sprechen Jesu verbunden, wodurch diese Praxis einen unantastbaren Charakter erhält.

6.59 Diese Argumentation findet sich in kirchlichen Aussagen wieder, in denen die Kirchenleitung die Grundlage für den Ausschluß der Frauen vom Priesteramt angibt. "Wenn Christus, als er die Eucharistie einsetzte, sie auf so ausdrückliche Weise mit dem priesterlichen Dienst der Apostel verbunden hat, darf man zugleich annehmen, daß er auf diese Weise auch die Beziehung zwischen Mann und Frau, die von Gott bestimmt ist, zwischen dem, was 'weiblich', und dem, was 'männlich' ist, sowohl im Geheimnis der Schöpfung wie der Erlösung vor Augen stellen wollte. Vor allem aber in der Eucharistie wird auf sakramentale Weise der Erlösungsakt Christi, des Bräutigams, für seine Braut, die Kirche, ausgedrückt. Dies wird vollständig sichtbar und eindeutig wiedergegeben, wenn der sakramentale Dienst der Eucharistie, wo der Priester 'in der Person Christi' handelt, von einem Mann vollzogen wird." (Mulieris Dignitatem 26, 1987).

6.60 Mit dieser Sichtweise, in der der Männlichkeit Jesu ein wichtiger Platz zuerkannt wird, stützt sich das kirchliche Lehramt auf eine Anthropologie, die davon ausgeht, daß körperliche und biologische Merkmale für die Beziehung von Menschen zu Gott bestimmend sind. Von diesem anthropologischen Standpunkt aus werden Schrifttexte und Theologie betrachtet, wobei man die Entwicklungen in Exegese, Dogmengeschichte, Theologie und Anthropologie übergeht.

6.61 In den letzten Jahrzehnten ist ein neues Bewußtsein gewachsen, das in ein neues Selbstverständnis mündet. Forschungsergebnisse in christlicher Anthropologie, Exegese und Theologie geben diesem neuen Selbstverständnis Tiefe.

6.62 Obwohl die Entwicklungen in der Wissenschaft anerkannt werden, werden diese neuen Errungenschaften kaum in kirchliche Aussagen über die Gleichheit von Frauen und Männern in der Kirche übersetzt.

6.63 Voran steht dabei die Entwicklung zum Menschen, die Mensch-Werdung, wie sie in der Schrift angegeben wird: Laßt uns den Menschen machen nach unserem Bild und Gleichnis: Als Mann und Frau erschuf Gott sie [* vgl. Gen 1,26.27]. Dem Menschen (der männlich und weiblich ist) wird die Sorge für die Schöpfung anvertraut. Vom Menschen (der männlich und weiblich ist) gilt, daß er/sie Bild Gottes ist: darin liegt die Berufung des Menschen. Körperliche und biologische Merkmale von Frauen und Männern sind nicht bestimmend für die Weise, in der Menschen berufen sind, Bild Gottes zu sein. Jede Zeit wird von neuem von ihrer konkreten Situation aus auf diese Berufung Antwort geben, indem sie auf Fragen hört und offen ist für die Zeichen der Zeit. Wesentlicher als Frau oder Mann zu sein ist für die Menschen der Auftrag, als Bild Gottes von der Gerechtigkeit und der Liebe her als Bild Gottes zu leben und so an Strukturen größerer Geschwisterlichkeit in der Welt zu bauen.

6.64 Der Auftrag zur Menschwerdung, der von der Schöpfungslehre aus gelebt wird, bekommt eine tiefe Dimension durch die Menschwerdung Gottes in Jesus von Nazareth. In ihm wird sichtbar, wie sehr der Mensch aus allem, was den Menschen niederdrückt, klein und unmündig macht, weggerufen wird. In Taufe und Firmung erhält der Mensch Anteil am Geist, der ihn/sie beseelt: einem Geist, der den Menschen auf den befreienden Weg der neuen Schöpfung setzt.

6.65 Von diesem Denken her werden Fragen an eine kirchliche Lehre gestellt, die in Bezug auf die Zulassung von Frauen zum Priesteramt einen so schweren Akzent auf das Mann-Sein Jesu legt. Gott ist in Jesus 'homo factus' und nicht 'vir factus'. Wenn die Kirche glaubt, daß Frauen und Männer erlöste Menschen sind, dann kann das Argument, daß Christus nur durch Männer vergegenwärtigt werden könne, kaum theologische Gültigkeit beanspruchen. Der Ausschluß von Frauen von der Priesterweihe kann nicht mehr gerechtfertigt werden.

6.66 Die verändernden und befreienden Entwicklungen in Anthropologie und Theologie werden gestützt durch Erfahrungen im Leben der christlichen Gemeinschaften.

6.67 Im Kirchenrecht wird für außerordentliche Situationen vorgesorgt, in denen durch den Mangel an geweihten Amtsträgern die Sorge für Liturgie, Sakramente und Gemeindeleitung in Gefahr gerät. Auf der Grundlage von Taufe und Firmung können weiblichen und männlichen Laien bestimmte Aufgaben anvertraut werden, die pastorale Dienste an der Gemeinschaft umfassen, so die Taufe, die Verkündigung u.s.w.

6.68 So ist die historische Situation entstanden, daß Frauen Glaubensgemeinschaften leiten, nicht-eucharistischen Gottesdiensten vorstehen, für Begleitung und Ausstattung der Gemeinschaft sorgen und die Hirtensorge sichtbar machen. In diesen Situationen handeln Frauen offiziell im Namen der Kirche. Das bedeutet auch, daß sie in diesen Situationen Christus gegenwärtig machen. Wenn Gemeinschaften mit dieser Situation mehr vertraut werden, erfahren sie dies als Bereicherung für das gesamte Gemeinschaftsleben.

6.69 Aus der KASKI-Untersuchung Vrouw en Kerk (Frau und Kirche) geht hervor, daß eine wachsende Zahl von Gläubigen [in den Niederlanden] mit dem Ausschluß der Frauen von der Priesterweihe nicht einverstanden ist. 68% der Frauen und 70% der Männern meinen, daß Frauen in der Kirche benachteiligt sind; 58% der Frauen und 60% der Männer sind für die Zulassung von Frauen zur Priesterweihe.

6.70 Der Ausschluß der Frauen von der Priesterweihe bedeutet zugleich, daß Frauen von den meisten Leitungsfunktionen in der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen sind. Obwohl Leitungsgewalt eng mit der Weihe verbunden wird [Can. 129 § 1, 273, 1008 CIC], sieht der CIC 1983 sowohl männliche wie auch weibliche Laien als befähigt an, an der Ausübung von Leitungsgewalt mitzuwirken und auch kraft einer amtlichen Beauftragung pastorale Sorge über kirchliche Gemeinschaften auszuüben [Can. 517 § 2, 516 § 2, 1421 § 2 CIC]. Zugleich sind Frauen nahezu vollständig ausgeschlossen von offiziellen kirchlichen Ämtern, die Grundlage kirchlicher Jurisdiktionsgewalt sind, und sogar von der selbstverständlichen Einbeziehung in die beratenden Organe.

6.71 Dieser Ausschluß steht in schrillem Kontrast zur Verantwortung, die die Frauen in der täglichen Praxis tragen, zu den Leitungsfuntionen, die sie ausüben, zu ihrem aktiven Einsatz und zum professionellen Beitrag, den sie zum Aufbau und zur Entwicklung der Glaubensgemeinschaft liefern.

 

Empfehlungen:

6.72 Eine Studienkommission der Arbeitsgruppe Vrouw en Kerk (Frau und Kirche) hat sich mit der Anthropologie der Katholischen Kirche auseinandergesetzt und diese aus der Sicht neuerer Erkenntnisse betrachtet. Wir empfehlen eindringlich, die Ergebnisse dieser Studie zur Kenntnis zu nehmen.

Die Schlußfolgerungen der Kommission sollten auf internationaler Ebene zugänglich gemacht werden. Es sind Wege zu suchen, diese Schlußfolgerungen in eine Struktur der Gleichberechtigung umzusetzen.

6.73 Wir bitten die Bischöfe, eine Studienkommission ins Leben zu rufen, die auf der Grundlage des Can. 228 darüber nachdenkt, ob neue Dienste und Ämter entwickelt werden können, in denen Frauen und Männer ihre Sachkenntnis und ihre Fähigkeiten in der Kirche auf dauerhafte Weise zur Geltung bringen können.

6.74 Indem wir uns den Empfehlungen bezüglich einer Besinnung über das Priesteramt aus dem pastoralen Brief der Priester für Gleichheit (USA) anschließen, empfehlen wir, im Rahmen der Ökumenischen Dekade 'Kirchen in Solidarität mit den Frauen' einen siebenjährigen Prozeß des Gebetes, der Besinnung, des Studiums und des Lernens (bis zum Ende der Dekade, d.h. bis 1998) durchzuführen, der der Frage gewidmet sein soll: 'Wie sollen Frauen und Männer dem Priesteramt in der röm.-katholischen Gemeinschaft der Niederlande Gestalt geben?'.

Dieser Prozeß des Gebetes, des Studiums, des Dialogs, der Beratung und des Sammelns von Erfahrungen gleicht dem Prozeß, mit dem die erste christliche Gemeinschaft die zentrale und äußerst konfliktgeladene Frage der Mitgliedschaft von Nicht-Juden löste.

6.75 Zu diesem Prozeß kann eine theologische Untersuchung beitragen, die die von Frauen und Männern geleistete theologische Arbeit über das Priesteramt darstellt und untersucht.

6.76 Es sollte eine zweite Untersuchung durchgeführt werden können, und zwar über Erfahrungen und Auswirkungen im Zusammenhang mit der Weihe von Frauen und dem geteilten Amt in anderen Kirchengemeinschaften in Europa.

6.77 Gegen Ende der Dekade 'Kirchen in Solidarität mit den Frauen', 1998, sollte eine allgemeine Pastoralsynode der Niederlande einberufen werden können, in der, gemeinsam mit den Bischöfen, Vertreter aller wichtigen Bereiche des kirchlichen Lebens zusammenkommen, um die Ergebnisse bezüglich der Verwirklichung einer frauengerechten Liturgie und der gleichwertigen Teilnahme von Frauen in der Kirche auszuwerten.

6.78 Wir empfehlen den Bischöfen, eine Kommission einzusetzen, die für eine vorrangige Umsetzung der angenommenen Empfehlungen bei den Adressaten sorgt, ebenso für ihre Verbreitung und für Unterstützung bei der Ausführung.


"Das einzige, das feststeht, scheint mir, ist,
daß die Menschen der Zukunft verlangen werden
nach der fühlbaren Anwesenheit Gottes und der Menschen,
der communio.
Alles, was dazu dient, ist gut.
Dazu dienen die Dinge, die Rituale und alle Symbole.
Auszuprobieren, was dazu dient,
scheint der einzige vernünftige Weg.
Es ist ein mühsamer Weg,
aber unsere Enkel werden uns dankbar sein
für unsere Umsicht."


H. Fortmann:
'En zonder beelden heeft Hij niet tot hen gezegd'.
Dux, 28 (1961).

 


Anhang 1: Empfehlungen

Die Empfehlungen, die im Text auf verschiedene Abschnitte folgen, sind in diesem Anhang nach Kapiteln aufgeführt und in kurz-, mittel- und langfristige eingeteilt.

Als kurzfristig werden Empfehlungen bezeichnet, die schnell zu verwirklichen sind. Langfristige Empfehlungen betreffen Leitungs- und Beratungsorgane; sie verlangen dauernde Aufmerksamkeit und schrittweises Vorgehen.

Wir bitten die Bischöfe inständig, einen Prozeß des Nachdenkens und der Verwirklichung

- einer kreativen und frauengerechten Symbolik,

- eines ausgewogenen (inklusiven) Sprachgebrauchs und

- einer Rollenverteilung, die die Gleichwertigkeit der Frauen bejaht,

in Gang zu setzen.

IV Symbole

Kurzfristig

4.23 [Um den Altar stehen]

4.37 [erneuerte Symbolik, Material für Liturgiekreise]

4.39 [Internationaler Tag der Frau]

Mittelfristig

4.36 [Frauen das Einüben in Liturgie ermöglichen]

Langfristig

4.20 [Kirchengebäude und Einrichtung]

4.21 [Frauen als Beraterinnen bei Kirchenbauten]

4.22 [Zusammensetzung diözesaner Liturgiekommissionen]

 

V Sprache

Kurzfristig

5.34 [Bewußtseinsbildung bzgl. ausgewogenen Sprachgebrauchs]

5.36 [Auslegungsbedürftige Perikopen]

Mittelfristig

5.35 [Arbeitsmaterial zum Sprachgebrauch in der Liturgie]

5.37 [Überarbeitung liturgischer Texte]

5.38 [Von Frauen erstellte liturgische Texte und Lieder]

5.39 [Überarbeitung und Ergänzungen bei Neuauflagen]

Langfristig

5.40 [Kommission zur Revision der liturgischen Übersetzungen]

5.41 [Förderung inklusiven Sprachgebrauchs auf internationaler Ebene]

5.42 [Frauengerechte Auswahl und Übersetzung des Lektionars]

 

VI Rollenverteilung

Kurzfristig

6.15 [Im Rahmen des Kirchenrechts gegen Diskriminierung der Frauen]

6.35 [Vorstehen in Liturgie - Aufgabe der Pastoralreferent/inn/en]

6.37 [Pastoralreferent/inn/en als Taufspender]

Mittelfristig

6.16 [Liturgische Funktion des Lektors und Akolythen auch für Frauen]

6.18 [Ausdehnung der Befugnisse der Pastoralreferent/inn/en]

6.23 [Paritätische Besetzung von Liturgieausschüssen]

6.36 [Homiliebefugnis für alle Pastoralreferent/inn/en]

6.38 [Pastoralreferent/inn/en als regelmäßige Taufspender]

6.39 [Eheschließungsassistenz durch Pastoralreferent/inn/en]

6.40 [Krankensalbung durch Pastoralreferent/inn/en]

6.41 [Akzeptanz gegenüber Frauen in liturgischen Funktionen]

6.42 [Möglichkeit zur Einübung liturgischen Handelns für Frauen]

6.74 [Siebenjähriger Reflexionsprozeß]

6.75 [Theologische Untersuchungen über das Priesteramt]

6.76 [Untersuchung über die Weihe von Frauen in anderen Kirchen]

6.77 [Einberufung einer niederländischen Pastoralsynode 1998]

6.78 [Kommission zur Förderung der Umsetzung der Empfehlungen]

Langfristig

6.17 [Aufhebung des Ausschlusses von Frauen in Can. 230 CIC]

6.56 [Untersuchung der Möglichkeit der Diakonenweihe von Frauen]

6.57 [Vorschlag eines Moratoriums bezüglich der Diakonenweihe]

6.72 [Ergebnisse einer Studie über die Anthropologie der kath. Kirche]

6.73 [Einführung neuer Dienste und Ämter nach Can. 228 CIC]

 


Anhang 2: Lob der tüchtigen Frau

(zu Abschnitt 5.32)

33. Sonntag im Jahreskreis A - Erste Lesung
Auswahl des Lektionars: Spr 31,10-13.19.20.30.31 Nicht aufgenommen: Spr 31,14-18.21-29
10 Eine tüchtige Frau, wer findet sie?
Sie übertrifft alle Perlen an Wert.
11 Das Herz ihres Mannes vertraut auf sie
und es fehlt ihm nicht an Gewinn.
12 Sie tut ihm Gutes und nichts Böses
alle Tage ihres Lebens.
13 Sie sorgt für Wolle und Flachs
und schafft mit emsigen Händen.
14 Sie gleicht den Schiffen des Kaufmanns:
Aus der Ferne holt sie ihre Nahrung.
15 Noch bei Nacht steht sie auf,
um ihrem Haus Speise zu geben
[und den Mägden, was ihnen zusteht].
16 Sie überlegt es und kauft einen Acker,
vom Ertrag ihrer Hände pflanzt sie einen Weinberg.
17 Sie gürtet ihre Hüften mit Kraft,
und macht ihre Arme stark.
18 Sie spürt den Erfolg ihrer Arbeit,
auch des Nachts erlischt ihre Lampe nicht.
19 Nach dem Spinnrocken greift ihre Hand,
ihre Finger fassen die Spindel.
20 Sie öffnet ihre Hand für den Bedürftigen
und reicht ihre Hände dem Armen.
21 Ihr bangt nicht für ihr Haus vor dem Schnee;
denn ihr ganzes Haus hat wollene Kleider.
22 Sie hat sich Decken gefertigt,
Leinen und Purpur sind ihr Gewand.
23 Ihr Mann ist in den Torhallen geachtet,
wenn er zu Rat sitzt mit den Ältesten des Landes.
24 Sie webt Tücher und verkauft sie,
Gürtel liefert sie dem Händler.
25 Kraft und Würde sind ihr Gewand,
sie spottet der drohenden Zukunft.
26 Öffnet sie ihren Mund, dann redet sie klug,
und gütige Lehre ist auf ihrer Zunge.
27 Sie achtet auf das, was vorgeht im Haus,
und ißt nicht träge ihr Brot.
28 Ihre Söhne stehen auf und preisen sie glücklich,
auch ihr Mann erhebt sich und rühmt sie:
29 Viele Frauen erwiesen sich tüchtig,
doch du übertriffst sie alle.
30 Trügerisch ist Anmut, vergänglich die Schönheit;
nur eine gottesfürchtige Frau verdient Lob.
31 Preist sie für den Ertrag ihrer Hände,
ihre Werke soll man am Stadttor loben.


Anhang 3: Toward a Full and Equal Sharing

Empfehlungen zur Liturgie, aus: Toward a Full and Equal Sharing. Pastoral Letter on Equality in the Church, Priests for Equality (USA), 8. Dezember 1985. In deutscher Übersetzung veröffentlicht unter dem Titel: Auf dem Weg zur vollen und gerechten Teilhabe. Pastoralbrief über die Gleichberechtigung in der Kirche, Christenrechte in der Kirche e.V., 1987.

 

Bereits angesprochene Bereiche des Wandels

19. Ausgewogene Sprache

Empfehlungen:

- Predigten - Jedes Seminar soll als wesentlichen Bestandteil seiner homiletischen Kurse die Studierenden darin ausbilden, eine ausgewogene Sprache zu verwenden. Von den Mitgliedern des Lehrkörpers sollten wir erwarten, daß sie selbst ein Beispiel für dieses Feingefühl geben.

Fortbildungsprogramme zum Gebrauch einer ausgewogenen Sprache sollten für die bereits amtierenden Priester durchgeführt werden.

- Liturgische Texte - Die Bischöfe sollten die 'Liturgische Kommission' bevollmächtigen, eine Meßliturgie zu erstellen sowie ein Lektionar, in welchen eine ausgewogene Sprache verwendet wird. Solange die neuen Übersetzungen noch nicht vorhanden sind, sollen Priester, Prediger und Lektoren in den im Gottesdienst verwendeten Gebeten und Lesungen auf sprachliche Ausgewogenheit Wert legen.

- Kirchenlieder - Verlage sollten neue Texte auf eine ausgewogene Sprache überprüfen und bereits veröffentlichte Texte revidieren. Nach einer Dauer von zwei Jahren für diese Änderungen sollten Kirchenlieder, die unausgewogene Sprache noch beibehalten haben, aus dem Verkehr gezogen werden. Lieder mit sexistischen Texten sind ebensowenig akzeptabel wie solche mit rassistischen Texten.

- Meßbücher - Verlage sollten sich möglichst bald daran begeben, Meßbücher herauszugeben, in denen eine ausgewogene Sprache verwendet wird.

Die 'Priester für Gleichheit', die die Zusammenarbeit mit anderen Gruppen anstreben, werden mit einem Programm beginnen, welches sich zum Ziel setzt, liturgische Texte, Lieder und Meßbücher zu überprüfen. Nach einer angemessenen Zeit für die Verhandlungen mit Verlagen, Autor/inn/en und Komponist/inn/en werden wir Texte empfehlen, in denen die Gleichstellung der Geschlechter sprachlich widergespiegelt wird.

21. Die Heilige Schrift

Empfehlungen: - Wir empfehlen, daß

- die 'Katholische Bibelgesellschaft Amerikas' eine Projektgruppe von Exegeten und Exegetinnen, Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftlern etc. einsetzt, die eine englische Übersetzung der Bibel herausbringen soll, in der die Geschlechter sprachlich gleichbehandelt werden. Wenn diese Projektgruppe durch die Mitarbeit anderer Kirchen, die ebenfalls die Gleichberechtigung anstreben, ökumenisch ausgerichtet wäre, wäre dies eine großartige Entwicklung.

- die 'Liturgische Konferenz der Vereinigten Staaten' den Zyklus der Lesungen überprüft, um diskriminierende Stellen daraus zu entfernen und ein sprachlich ausgewogenes Lektionar zu erstellen. Dies ist eine sehr dringliche Aufgabe. Dieses sprachlich ausgewogene Lektionar bietet ebenfalls eine sehr gute Chance für ökumenische Zusammenarbeit.

22. Mitwirkung im Gottesdienst

Empfehlung - Wir empfehlen, daß abgesehen von der Frage, wer der liturgischen Feier vorsteht, ab sofort gleiche Chancen zur Mitwirkung in bezug auf sämtliche Funktionen in der Liturgie gewährt werden. Hierzu gehört der Dienst der

  • Meßdiener
  • Kommunionhelfer
  • Lektoren
  • Organisten
  • Küster
  • Gasthelfer (Ushers/ministers of hospitality)
  • Leiter des liturgischen Tanzes (Ministers of dance).
  • In diesen Ämtern können und sollten die örtlichen Kirchen die Gleichberechtigung äußerst schnell durchsetzen. Da es sich beim Dienst am Altar um einen allen bekannten Bereich der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts handelt, soll er unverzüglich sowohl Frauen als Männern zugänglich gemacht werden.

    Da außerdem die gegenwärtige Ordinationszeremonie auf eine offenkundige Weise klerikal und auf Männer beschränkt ist und sich darin eher eine freundliche Aufnahme in den klerikalen Stand als ein Aufruf zum Dienst seitens der Gemeinschaft ausdrückt, sollten innerhalb jeder Diözese ernergische Schritte unternommen werden, um diesem Sakrament durch solche Rituale, die ein erneuertes Verständnis des Priesteramts und der Berufung durch die Gemeinschaft verdeutlichen, neuen Ausdruck zu verleihen.

    23. Ständiger Diakonat

    Empfehlung - Wir empfehlen den Diakonen, energisch daran zu gehen, die laufenden Studienprogramme für den ständigen Diakonat sowie die Diakonenweihe für Frauen zugänglich zu machen. Sollte dies nicht innerhalb von drei Jahren erreicht werden, so empfehlen wir die einstweilige Suspendierung der Diakonenweihen.

    Mit Interesse und Ermutigung nehmen wir die Studienprogramme für die Ausbildung von Laientheologinnen und Laientheologen zur Kenntnis, mit der ihnen innewohnenden Möglichkeit, sowohl Frauen als auch Männern zugänglich zu sein.

     

    Kontroverse Bereiche

    25. Die für Gott verwendete Sprache und Bildlichkeit

    Empfehlung - Wir empfehlen, daß zusätzlich zu der Arbeit der Bibelkommission, die eine als Beispiel für ausgewogene Sprache und Bildlichkeit dienende Ausgabe der Heiligen Schrift vorbereitet, Versuchszentren in jeder Diözese damit beauftragt werden, den Einfluß ausgewogener Sprache für Gott auf gläubige Menschen zu erforschen. Musterübersetzungen von liturgischen Texten und aus der Heiligen Schrift, welche ausgewogene Sprache verwenden, können als Grundlage für diese Versuche dienen.

    26. Das Priesteramt

    Empfehlung - Wir empfehlen einen sieben Jahre dauernden Prozeß des Betens, Nachdenkens und Experimentierens, der sich auf die Frage konzentriert: "Wie sollen sich Frauen und Männer das geweihte geistliche Amt in der römisch-katholischen Gemeinschaft der Vereinigten Staaten teilen?".

    In diesen Prozeß sollen die folgenden Maßnahmen einbezogen werden:

    - Eine größere theologische Erforschung des geweihten geistlichen Amtes und des Priesteramtes, die die Arbeit der vergangenen Jahre zusammenfaßt, sich auf die Kernprobleme konzentriert und sie auf dem Hintergrund der sich entwickelnden Erfahrung der Gemeinschaft untersucht.

    - Eine sorgfältige Einschätzung, wie die Menschen in den Vereinigten Staaten auf ein von Frauen und Männern ausgeübtes priesterliches Amt reagieren würden, vorausgesetzt, daß kirchliche Institutionen und deren Leiter ihnen dabei mit tatkräftiger Unterstützung und Erziehung zur Seite ständen. Außerdem sollte darüber zusammen mit den katholischen Gemeinschaften in den verschiedenen anderen Ländern ernsthaft nachgedacht und beratschlagt werden.

    - Versuche, in zahlreichen ausgewählten Gemeinden Frauen und Männer gemeinsam den Eucharistischen Dienst (Eucharistic Ministry) ausüben zu lassen. Diese Erfahrung ist für eine sorgfältige theologische Beurteilung dieser schwerwiegenden pastoralen Frage entscheidend. In anderen das geistliche Amt betreffenden Fragen sind solche Versuche bereits früher durchgeführt worden.

    - Eine Beurteilung des Bedarfs an geweihten Priestern in den Vereinigten Staaten; dabei sollte berücksichtigt werden, inwieweit ausgewogene, d.h. nicht-sexistische Strukturen des Priesteramts diesen Bedarf befriedigen können.

    - Eine größere Einübung im Erkennen und Unterscheiden sowie im Hören auf den Geist Gottes: ein Programm des Betens und Nachdenkens in der ganzen Kirchengemeinschaft der Vereinigten Staaten, um Gottes Lenkung zu erbitten, so wie es die in der Apostelgeschichte beschriebene Urgemeinde getan hat.

    - Eine Untersuchung über den Einfluß, den die Frauenordination und ein von Frauen und Männern ausgeübtes Priesteramt auf andere Konfessionen in den Vereinigten Staaten hätte.

    Kurz vor dem Ende dieses Prozesses, also etwa 1992-93, sollte in den Vereinigten Staaten ein allgemeines Pastoralkonzil stattfinden, zu dem, außer den Bischöfen auch Sachverständige aus allen bedeutenden Bereichen des Kirchenlebens zusammenkommen sollten, um die Ergebnisse aus diesem nationalen Prozeß der Reflexion zusammenzutragen.

    Indem dieses Vorgehen und die dabei gewonnenen Erfahrungen in den Vereinigten Staaten als Richtlinie genommen werden, könnte diesem Konzil vor Ende des Jahrhunderts ein Weltkonzil folgen. Bei dieser Versammlung können die Bischöfe und der Papst mit beteiligten Laien, Klerikern und Ordensleuten als Vertretern verschiedener Kulturen zusammenkommen, um zu beten und die Ergebnisse und Empfehlungen für die Kirche in der ganzen Welt zu bewerten.

    Dieser Prozeß des Gebets und Gesprächs, der Verhandlung und Erfahrung ähnelt demjenigen, durch den die Urgemeinde die für sie entscheidende und höchst umstrittene Frage der Zugehörigkeit von Heiden löste. Dies ist eine auch für unsere heutige Zeit angemessene Vorgehensweise.

     


    Anhang 4: Bibliographie

    * In die vorliegende deutsche Fassung wurde die umfangreiche, aber fast ausschließlich niederländische Literaturliste nicht übernommen. Lediglich einige in verschiedenen Ländern erschienene Berichte sowie einige Zeitschriftenartikel, die auch in Deutsch erschienen sind, werden aufgeführt. Die bibliographischen Angaben zitierter Dokumente wurden in die Fußnoten eingearbeitet, soweit dort nicht auf die hier aufgeführten Dokumentensammlungen verwiesen wird.

     

    A. Dokumentensammlungen

    Acta Apostolicae Sedis. Commentarium officiale, Typis Polyglottis Vaticanis, Rom 1909ff. (hier mit AAS abgekürzt)

    Enchiridion symbolorum [,] definitionum et declarationum de rebus fidei et morum / Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, Heinrich Denzinger (Begr.) / Peter Hünermann (Hrsg.), Herder, Freiburg u.a., 371991 (hier mit DH abgekürzt).

    Kleines Konzilskompendium. Sämtliche Texte des Zweiten Vatikanums, Karl Rahner / Herbert Vorgrimler (Hrsg.), (=Herderbücherei 270), Herder, Freiburg u.a., 211989.

     

    B. Berichte

    Canadian Bishops' Pastoral Team: Inclusive Language: overcoming discrimination, in: Origins CNS documentary service, 21. Sept. 1989.

    Daughters and Sons of God. A primer on inclusive language in the church, Canec, Toronto (Canada), Nov. 1981.

    Frauen in Kirche und Gesellschaft. Konferenz der Internationalen Katholischen Frauenorganisationen (I.C.O.), Brüssel 9.-14. Juni 1987.

    Gerechte Sprache in Gottesdienst und Kirche. Mit Bibeltexten zum Frankfurter Kirchentag in frauengerechter Sprache, Evangelische Frauenarbeit in Deutschland e.V., Frankfurt am Main, Jan. 1987.

    Language about God in Liturgy and Scripture. A study guide, The Geneva Press, Philadelphia 1980.

    Toward a Full and Equal Sharing. Pastoral Letter on Equality in the Church, Priests for Equality (USA), 8. Dezember 1985. (Niederländisch in: Archief van de kerken, Jg. 42, Nr. 6, Juni 1987; deutsch bei: Christenrechte e.V.)

    Withers, Barbara A.: Language and the church. Articles and designs for workshops, Division of Publication services, National Council of the Churches of Christ in USA, 1984.

    * Bibliographische Angaben zu niederländischen Untersuchungen sind zu finden unter: 2.5, 2.6, 6.19, 6.28 und 6.32. Als grundlegendes, neueres deutsches Sammelwerk ist zu nennen: Liturgie und Frauenfrage. Ein Beitrag zur Frauenforschung aus liturgiewissenschaftlicher Sicht, Teresa Berger/Albert Gerhards (Hrsg.), EOS, St. Ottilien 1990.

     

    C. Artikel über Frauen und Liturgie

    Agudelo, María: Die Aufgabe der Kirche bei der Emanzipation der Frau, in: Concilium 16(1980), 301-306.

    Børresen, Kari Elisabeth: Frauen und Männer in der Schöpfungsgeschichte und in der Kirche, in: Concilium 17(1981), 497-503.

    Dumais, Monique: Eine Theologie des Dienstes für die Frauen: Unvermeidliche Bevormundung? in: Concilium 23(1987), 506-511.

    Eyden, René van: Das liturgische Amt der Frau, in: Concilium 8(1972), 107-115.

    Klink, Johanna: Familie und Liturgie, in: Concilium 8(1972), 115-120.

    Meyer-Wilmes, Hedwig: Die Natur der Frau und weibliche Identität. Theologische Legitimationen und feministische Anfragen, in: Concilium 23(1987), 501-506.

    Neu, Diann: Unser Name ist Kirche. Die Erfahrung katholisch-christlicher feministischer Liturgien, in: Concilium 18(1982), 135-144.

    Raming, Ida: Die inferiore Stellung der Frau nach dem geltenden Kirchenrecht, in: Concilium 12(1976), 30-34.

    Schüssler Fiorenza, Elisabeth: Tischgemeinschaft und Feier der Eucharistie, in: Concilium 18(1982), 76-85.

    Zarri, Adriana: Das Gebet der Frau und die vom Mann geschaffene Liturgie, in: Concilium 6(1970), 110-117.


     

    Antwort der Niederländischen Bischofskonferenz

    An die Vorsitzenden von KRKS, Arbeitgruppe Frau und Kirche, UNKV:

    Frau M. van de Muijsenbergh-Geurts

    Frau R. klein Tank

    Frau B. van Heemskerk-van de Broek

     

    Utrecht, den 13. Juni 1991

    Unser Zeichen: 612/1991/avd - BV 22/1984

    Ihr Zeichen: "Frauengerechte Liturgie röm.-kath. Kirche"

     

    Sehr geehrte Vorsitzende!

    Der Bericht "Eine frauengerechte Liturgie in der römisch-katholischen Kirche", den Sie am 26. November 1990 dem Vorsitzenden der Bischöflichen Kontaktkommission Frau und Kirche, Msgr. H.C.A. Ernst, zugesandt haben, ist von ihm der Bischofskonferenz zugeleitet worden, begleitet von einem Schreiben vom 14. Januar 1991, in dem die Kontaktkommission einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen bei der Behandlung des Berichts machte.

    In der LPO-Sitzung vom 21.-23. Februar 1986 sind Fragen bezüglich des Sprachgebrauchs und der Rollenverteilung in der Liturgie sowie bezüglich der Symbolik liturgischen Handelns aufgekommen. Die Bischöfe hielten eine kritische Untersuchung von Texten und Gesängen für angemessen und haben deshalb in ihrer Reaktion auf das Schlußdokument der betreffenden LPO-Sitzung die Kontaktkommission Frau und Kirche gebeten, sorgfältig auf die Erfahrungen niederländischer katholischer Frauen auf dem Gebiet der Liturgie zu hören, damit die Bischöfe in ihrer Amtsführung diese Erfahrungen berücksichtigen können. Die Kontaktkommission hat Sie um diesbezügliche Beratung gebeten, und Sie haben eine Kommission berufen, die ersucht wurde, einen Bericht zusammenzustellen, in dem die Themen Symbolik, Sprachgebrauch und Rollenverteilung aus der Sicht der Erfahrungen von Frauen beleuchtet werden sollten.

    Im obengenannten Begleitbrief vom 14. Januar 1991 zum Bericht "Eine frauengerechte Liturgie", hat die Kontaktkommission die Hoffnung ausgesprochen, daß die Bischöfe sich auf der Grundlage des Berichtes ein Bild von der Weise machen können, in der eine große Zahl niederländischer Frauen Liturgie erlebt.

    Die Kontaktkommission hat dazu vorgeschlagen, die Empfehlungen 4.20 - 4.23, 4.39 und das Kapitel über die Sprache und die darin enthaltenen Empfehlungen 5.34 - 5.43 der Bischöflichen Kommission für Liturgie, liturgische Musik und kirchliche Kunst vorzulegen, worauf diese hierzu an die Bischofskonferenz Vorschläge machen kann. Die Bischöfe haben diesen Vorgehensvorschlag übernommen.

    Die Bischöfe erachten es für wertvoll, die Erfahrungen von Frauen mit Liturgie kennenzulernen. Sie möchten diese auch ernst nehmen. Sie stellen jedoch fest, daß der Bericht nicht allein von frauengerechter Liturgie handelt, sondern auch von allgemeineren Fragen um Glaube, Sakramente und Kircheneinrichtung. Dabei werden Aussagen gemacht, die sachlich und/oder in ihrer Interpretation unrichtig oder anfechtbar sind, so zum Beispiel bezüglich des Ursprungs des kirchlichen Amtes. Auch werden Empfehlungen ausgesprochen, die nicht in Übereinstimmung mit kirchlichen Lehraussagen oder Bestimmungen des kirchlichen Gesetzbuches stehen, insbesondere bezüglich der Sakramentenspendung.

    Weil auch in anderen Veröffentlichungen Aussagen gemacht werden, die nicht der katholischen Tradition entsprechen, haben die Bischöfe vor, sich hierüber noch in allgemeinerem Sinne zu äußern.

    Die Bischöfe sind davon überzeugt, daß es für die Amtsführung bezüglich der Liturgie, aber auch für das ganze Leben in Glaube und Kirche von großer Wichtigkeit ist, die Erfahrungen der Menschen, von Frauen und Männern, von Jüngeren und Älteren, zu kennen. Wie die Bischöfe für die Erfahrungen der Gläubigen zugänglich sein wollen, so bitten sie auch die Gläubigen, für den Glauben der Kirche offen sein zu wollen, der ihnen von Papst und Bischöfen dargelegt wird, und die kirchliche Ordnung zu achten. Dann können Bischöfe und Gläubige sich gemeinsam der lebendigen Bewahrung des Glaubens, dem Aufbau der Kirche und der Hilfeleitung in den Nöten der Welt widmen.

    Bei der Vorbereitung dieses Berichts wurde viel Arbeit geleistet. Die Bischöfe drücken den Autoren hierfür ihren Respekt aus. Sie ersuchen die für den Bericht verantwortlichen Organisationen und Institutionen, mit den Bischöfen zusammenzuarbeiten im Bemühen um eine Liturgie, die die Erfahrungen der Gläubigen berücksichtigt und die zugleich dem Glauben und der liturgischen Ordnung der Kirche gerecht wird.

    Mit besten Segenswünschen verbleibe ich,


    + Adrianus Kardinal Simonis



    Die vorliegende deutsche Übersetzung
    Eine frauengerechte Liturgie in der römisch-katholischen Kirche
    steht in den Formaten HTML und PDF auf http://www.salesianer.de/liturgie/ zum Download zur Verfügung.